Rathaus: nichts für schwache Augen – Kritik am Bezirksamtssitz

Kryptische Beschriftungen, schwaches Licht und nichts zu tasten: Besuche im Rathaus Charlottenburg wird wohl kein Blinder alleine meistern. | Foto: Thomas Schubert
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Charlottenburg. Sehbehinderung und Behördengang – wir gut passt das zusammen? Offenbar recht wenig. Denn Vertreter aller politischen Lager übten nun Kritik am irreführenden Zustand des Rathauses Charlottenburg. Und vielleicht braucht es auch einen neuen Namen?

Bitte kräftig drücken! Schon das Aufstoßen der eisernen Pforte braucht eine energische Bewegung. Dann hat der Bürger Einlass gefunden in einen der stolzesten Bauten Berlins. Den versteinerten Ausdruck des Charlottenburger Bürgerstolzes anno 1905. Das nunmehr einzige im Dienst befindliche Rathaus des Bezirks.

Aber einmal angenommen, der Bürger hätte wenig Sinn für die verschnörkelte Schönheit der Architektur, sondern womöglich gar kein Augenlicht – käme er hier ohne Hilfe ans Ziel? Helmut Süß, Sozialexperte der CDU-Fraktion sieht zumindest Anlass zur Erleichterung in Sachen Wegführung. „Wir haben einen Antrag eingereicht, in dem wir die Bezirksverwaltung auffordern, die Handläufe an den Treppen zu überprüfen und bei Bedarf bis zum Ende der Treppen zu verlängern“, äußert er sich zu einem konkreten Problem.

Andere Schwierigkeiten hat Annegret Hansen von der SPD im Blick, wenn sie Defizite bei der Orientierung beklagt: „Nach dem Umzug wurden viele Hinweistafeln und Wegweiser nicht in der Form umgestaltet, dass sie für sehbehinderte Menschen zu erkennen sind“, stört sie sich an Folgeerscheinungen des Behördenumzugs Ende 2014. Außerdem fehle es an finanzieller Unterstützung des Landes zum kompletten barrierefreien Umbau des Hauses.

Für eine Aktualisierung des betagten Wegeleitsystems tritt auch Alexander Kaas-Elias von den Grünen ein. Der Bezirk brauche Hilfe zur Umsetzung der UN-Behindertenkonvention seitens des Senats, auch wenn die Umrüstung bei einem solch alten Rathaus wohl aufwendiger ausfällt als andernorts.

An schwer lesbare Aufschriften und nicht erkennbare Schildern stören sich Pirat Holger Pabst und Marlene Cieschinger von den Linken. „Ein paar nett gemeinte Versuche mit Brailleschrift gibt es zwar hier und dort. Leider führen sie zum Teil, weil nicht mehr aktuell, sogar in die Irre“, haben sie festgestellt. „Mal ehrlich, wer von uns hat sich noch nie im Rathaus verlaufen?“

Bodenindikatoren, kontrastreiche Stufenmarkierungen, bessere Beleuchtung, tastbare Lagepläne und „sprechende“ Info-Stelen sehen sie als Lösungsansätze an. Maßnahmen, für die es Geld braucht.

Vergleichsweise günstig wäre wohl ein ganz anderer Verbesserungsvorschlag der CDU zu haben. Sie lässt nun einen Antrag diskutieren, wonach der Dienstsitz in der Otto-Suhr-Allee 100 nach dem Wegfall des Gebäudes am Fehrbellinger Platz einen neuen Namen verdient: Rathaus Charlottenburg-Wilmersdorf. Ob die übrigen Fraktionen zustimmen und wie sich die Orientierung für Blinde tatsächlich verbessert, wird sich zeigen. tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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