Kein Platz für Rettungsleitern
Pop-up-Radweg auf der Kantstraße behindert Feuerwehr

Enge Kantstraße: Hier brauchen Rettungsfahrzeuge auch länger, weil Autos kaum Platz zum Ausweichen haben | Foto: Ulrike Kiefert
  • Enge Kantstraße: Hier brauchen Rettungsfahrzeuge auch länger, weil Autos kaum Platz zum Ausweichen haben
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  • hochgeladen von Simone Gogol-Grützner

Der Pop-up-Radweg auf der Kantstraße sorgt seit über zwei Jahren für Kritik – bei Anwohnern, Geschäftsleuten und der Feuerwehr. Nun hat das Bezirksamt bestätigt: Im Brandfall ist kein Platz für Rettungsleitern.

Was die Berliner Feuerwehr schon 2020 angemahnt hatte, ist jetzt amtlich. Der Pop-up-Radweg auf der Kantstraße behindert die roten Retter und gefährdet Anwohner. Denn falls es brennt, reichen die Drehleitern nicht bis an alle Häuser heran. Das hat das Bezirksamt bestätigt. Betroffen ist demnach der östliche Teil der Kantstraße zwischen Wilmersdorfer und Savignyplatz.

Das Problem: Der Pop-up-Radweg liegt zwischen Gehweg und Parkstreifen. Links von den parkenden Autos verläuft die Fahrspur, die nur noch 3,50 Meter breit ist. Von dort müsste die Feuerwehr im Fall eines brennenden Treppenhauses ihre Drehleitern ausfahren, um die Bewohner evakuieren zu können. Doch bei einem Abstand von knapp zwölf Metern reichen die Leitern nicht an die Häuser heran. Der grüne Mittelstreifen wiederum ist noch weiter weg und dazu unbefestigt, kann daher als Aufstellfläche für die schweren Hubrettungsfahrzeuge nicht genutzt werden. Bei Wohnhäusern muss es aber einen zweiten Rettungsweg geben, entweder über ein zusätzliches Treppenhaus oder eben über die Fenster mit einer Leiter. Was im Fall der Kantstraße nun offenbar nicht überall garantiert werden kann.

Zahl der betroffenen Wohnungen
nicht bekannt

Der FDP-Bezirksverordnete Johannes Heyne hatte dazu bereits im Juli 2021 beim Bezirksamt nachgefragt. Erst eineinhalb Jahre später und nach dem Einschalten der Bezirksaufsicht kam nun die Antwort. Die räumlichen Gegebenheiten ermöglichten keinen Einsatz einer Drehleiter, die beidseitig abgestützt werden müsste, so das Bezirksamt an Heyne. Da die Fahrspur nur 3,50 Meter breit sei, könne die Stütze nur auf einer Seite voll ausgefahren werden. „Die Berliner Feuerwehr fordert zur Sicherstellung des zweiten Rettungsweges über Drehleitern im öffentlichen Straßenland eine 5,50 Meter breite Aufstellfläche“, heißt es weiter. Warum man das vorher nicht wusste, teilt das Bezirksamt nicht mit. Auch nicht, wie viele Wohnungen betroffen sind. Das könne nur ein „umfangreiches Archivaktenstudium ermitteln“, schreibt Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne). Es sei aber davon auszugehen, dass „eine überwiegende Zahl der Nutzungseinheiten oberhalb des dritten Obergeschosses betroffen ist, denen kein weiterer baulicher Rettungsweg zur Verfügung steht“.

Als logische Konsequenz, so Schruoffeneger weiter, „wäre das bauordnungsrechtliche Verfahren zur Nutzungsuntersagung aller betroffenen Nutzungseinheiten ab dem dritten Obergeschoss ohne vorhandenen zweiten baulichen Rettungsweg erforderlich“. Das heißt im Klartext, alle Wohnungen und Büros in der Kantstraße dürften ab der dritten Etage eigentlich nicht mehr genutzt werden. Laut Stadtrat ist das „in Anbetracht der vielen alten Bestandsbauten eine nicht unerhebliche Größenordnung und sollte nicht die Lösung des Problems sein“. Was nun aber die Lösung wäre, sagt Schruoffeger nicht. Nur so viel: „Es gibt trotz erfolgter Ortsbesichtigungen und diverser Korrespondenz keinen Konsens zwischen der Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr sowie der Senatsverwaltung für Inneres und Sport sowie dem Bezirksamt über eine Lösung, die neben einem Radfahrsteifen auf der rechten Spur auch das Parken auf der mittleren Spur zulässt.“ Und weiter: „Sofern die Nutzungseinheiten nicht über zwei bauliche Rettungswege im Bestand verfügen, ist der zweite Rettungsweg durch Anleiterung durch die Berliner Feuerwehr nicht gewährleistet.“

Aufgabe des Pop-up-Radweges gefordert

Für Johannes Heyne ist die aktuelle Situation untragbar, zumal der Pop-up-Radweg verstetigt werden soll. „Das Vorhandensein von zwei unabhängigen Rettungswegen ist immanent für die Sicherheit der Menschen und wesentliche Vorgabe der Berliner Bauordnung.“ Kein Bauantrag werde genehmigt, wenn nicht beide Rettungswege nachgewiesen seien. „Nun hat aber das Bezirksamt selbst mehreren hundert Wohnungen den zweiten Rettungsweg genommen. Dies ist fahrlässig und gefährdet die Bewohner in Teilen der Kantstraße.“ Heyne, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, fordert daher die „sofortige Aufgabe des Pop-up-Radweges“. Das Bezirksamt müsse hier nun nach fast drei Jahren aktiv werden. Denn: „Was antwortet das Bezirksamt, sollte es in der Kantstraße zu einem Brand mit Verletzten oder gar Toten kommen, weil die Feuerwehr nicht retten konnte?“

In seiner Anfrage hatte sich Johannes Heyne auch erkundigt, ob das Bezirksamt die Anwohner der Kantstraße informiert hat, dass sie im Brandfall und bei Ausfall des Treppenhauses als Rettungsweg nicht über die Leitern der Feuerwehr gerettet werden könnten, was der Stadtrat in der Antwort verneint.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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