Weggetreten
Bezirk will keine Bundeswehr-Hilfe
60 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr leisten in den Berliner Gesundheitsämtern Unterstützung bei der Kontaktrecherche möglicher Corona-Infizierter.
Vorgesehen war, dass jeweils fünf in einem Bezirk im Einsatz sind. Die Rechnung ging aber nicht auf, weil zwei Bezirk die Hilfe verweigerten: Lichtenberg und Friedrichshain-Kreuzberg.
Die offizielle Begründung: Die Unterstützung werde nicht gebraucht, denn es stünden studentische Mitarbeiter zur Verfügung. Zwei von ihnen hätten am heutigen Tag beziehungsweise würden am folgenden Tag ihren Dienst antreten, präzisierte Gesundheitsstadtrat Knut Mildner-Spindler in der Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 17. Juni. Bei zwei weiteren Studentinnen im Praktikum werde das demnächst der Fall sein. Die Frage, ob also genügend Personal zur Nachverfolgung von Corona-Infektionsketten vorhanden sei, beantwortete der Stadtrat mit "Ja".
Aber hinter der Ablehnung standen nicht nur anscheinend ausreichende Kapazitäten. Sondern mehr noch eine, gelinde gesagt, grundsätzliche Zurückhaltung bei einer politischen Mehrheit im Bezirk, wenn es um die Bundeswehr geht.
Dass deren Hilfe nicht gewünscht sei, war wohl bereits im Vorfeld kommuniziert worden, aber beim Empfänger offensichtlich nicht mehr rechtzeitig angekommen. Als dann eines Morgens Anfang Juni fünf Soldaten vor der Tür standen, seien sie nicht einfach weggeschickt worden, wie Mildner-Spindler betonte, sondern wurden freundlich begrüßt und aufgeklärt. Im Gesundheitsamt hätten sie dann auf die Entscheidung ihrer Dienststelle gewartet. Von dort sei dann den "Marschbefehl nach Mitte" gekommen. Der Nachbarbezirk konnte sich so über fünf zusätzliche Arbeitskräfte freuen.
Die Ablehnung der Hilfe in Uniform stieß vor allem außerhalb der beiden Bezirke auf Kritik. Etwa bei Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci, die ihr Unverständnis äußerte. In die gleiche Richtung ging eine Resolution für die BVV am 17. Juni, die der CDU-Fraktionsvorsitzende Timur Husein eingebracht hatte. Darin wird den Bundeswehrsoldaten Dank für ihren Corona-Einsatz ausgesprochen und deren verhinderte Arbeitsaufnahme in Friedrichshain-Kreuzberg bedauert.
Wie zu erwarten war, wurde die Resolution mit klarer Mehrheit, drei Ja-, 22 Nein-Stimmen und vier Enthaltungen, abgelehnt. Und das ohne weitere Aussprache.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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