Monopoly an der Magistrale
Deutsche Wohnen kauft 700 Wohnungen entlang der Karl-Marx-Allee
An der Karl-Marx-Allee gibt es einen großen Immobiliendeal. 700 Wohnungen wechseln den Besitzer. Neuer Eigentümer: die Deutsche Wohnen.
Deshalb sorgt nicht nur die Masse der verkauften Objekte, sondern auch der Käufer für Aufregung. Denn die Deutsche Wohnen genießt, gelinde gesagt, nicht gerade den besten Ruf. Sie ist mit rund 110 000 Appartements in Berlin der größte private Wohnungsgeber der Stadt und fiel in der Vergangenheit immer wieder durch rigides Vorgehen gegenüber Mietern auf. Verschiedene Initiativen planen derzeit einen Volksentscheid auf den Weg zu bringen, der eine Enteignung der Deutschen Wohnen fordert.
Zuletzt gelang es gerade in Friedrichshain-Kreuzberg dem Multi einige Zugeständnisse abzuverhandeln. Konkret betraf das die Spring- und die Otto-Suhr-Siedlung. Dort verpflichtete sich die Deutsche Wohnen unter anderem, auch nach einer Sanierung die Mieten sozialverträglich zu halten und Härtefälle zu berücksichtigen. Ein Entgegenkommen, das aber wahrscheinlich nicht nur auf reine Menschenfreundlichkeit zurückzuführen war. Vielmehr befinden sich die dortigen Gebäude in einem Milieuschutzgebiet. Was wiederum einige Eingriffsmöglichkeiten des Bezirks mit sich bringt.
Im Bereich der Karl-Marx-Allee gilt das nur für etwa 80 der 700 Wohnungen. Sie gehören zum Milieuschutzgebiet Weberwiese. Zwar steht die gesamte Magistrale seit vergangenem Sommer unter Erhaltungssatzung, aber das bezieht sich vordergründig auf den Schutz des Gesamtensembles der einstigen Stalinallee-Bauten und nicht auf die Bewohner beziehungsweise die Bevölkerungsstruktur.
Für die Gebäude im Milieuschutzbereich werde inzwischen das Vorkaufsrecht geprüft, teilte Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis90/Grüne) mit. Der Bezirk kann dort bei jeder Immobilie, die zum Verkauf steht, einen Erwerb anmelden. Er wird meist zugunsten von Dritten, bevorzugt kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, getätigt. Aufgrund der "strategischen Bedeutung" gehe er von einer Ausübung aus, so der Stadtrat. Bei den übrigen rund 620 Wohnungen müsse "das Land Berlin auf höchster politischer Ebene einschreiten und gegebenenfalls die Rekommunalisierung dieses wichtigen Stücks Stadt mit der Deutsche Wohnen verhandeln", fordert Schmidt.
Ein Großteil der Wohnungen an der Allee gehörte bis 1993 der Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain (WBF), die später von der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) übernommen wurde. Die WBF verkaufte vor einem Vierteljahrhundert rund 2700 Wohnungen an die Depfa-Bank. Die veräußerte sie zum Teil blockweise weiter. Neue Erwerber waren häufig Immobilienfonds. Auch bei den 700 Wohnungen, die sich jetzt die Deutsche Wohnen sicherte.
Altmieter, die vor 1994 eingezogen sind, haben einen Schutz vor Eigenbedarfskündigungen. Beim damaligen Verkauf wurde ein entsprechender Passus in ihre Verträge geschrieben. Für spätere Wohnungsnehmer gilt das nicht.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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