Wegen Masern geht CDU-Bezirksverordneter vor Gericht

Detailliertere Informationen zur Masernepidemie im vergangenen Jahr sind der Anlass für einen Rechtsstreit, den der CDU-Bezirkspolitiker Timur Husein mit der Verwaltung führt. | Foto: Thomas Frey
  • Detailliertere Informationen zur Masernepidemie im vergangenen Jahr sind der Anlass für einen Rechtsstreit, den der CDU-Bezirkspolitiker Timur Husein mit der Verwaltung führt.
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Friedrichshain-Kreuzberg. Die Masernwelle liegt auch in Friedrichshain-Kreuzberg ziemlich genau ein Jahr zurück. Beim Verwaltungsgericht Berlin erfährt sie aber jetzt ein Nachspiel.

Dort hatte der CDU-Bezirksverordnete Timur Husein eine Klage gegen das Bezirksamt eingereicht. Ausgangspunkt waren zwei mündliche Anfragen von ihm vom vergangenen Sommer. Husein wollte unter anderem wissen, wie viele Kinder, Lehrer oder Erzieher in Friedrichshain-Kreuzberg ausgeschlossen werden mussten, weil sie nicht gegen Masern und andere Infektionskrankheiten geimpft waren. Und das jeweils aufgelistet auf die jeweiligen Schulen und Kitas.

Bürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis90/Grüne) nannte zwar die allgemeinen Zahlen, nämlich 24 Kinder aus acht Tagesstätten, 85 Schüler, die sich auf 13 Schulen verteilen, sieben Erzieher in drei Einrichtungen sowie eine Lehrkraft. Sie machte aber keine Angaben, wie groß die Zahl im einzelnen war und gab auch keine Adressen bekannt. Denn das tangiere den Datenschutz. Vor allem bei kleineren Standorten könne dann relativ leicht herausgefunden werden, wer dort von Masern betroffen war, argumentierten die Vertreter des Rechts- und des Gesundheitsamtes bei der Verhandlung.

Timur Husein, im Hauptberuf Rechtsanwalt, sah das anders und pochte auf sein Kontrollrecht als Bezirksverordneter. Es sei ja gerade interessant zu erfahren, ob die Infektionskrankheit in bestimmten Kitas oder Schulen besonders häufig aufgetreten sei. "Sind das zum Beispiel Einrichtungen mit einem besonderen pädagogischen Profil?" Gebe es Unterschiede zwischen den Ortsteilen Friedrichshain und Kreuzberg und dort wiederum in den verschiedenen Quartieren? Und auch die immer wieder geäußerte Ansicht, dass die Impfabstinenz vor allem von ökologisch-korrekten deutschen Mittelschichtseltern praktiziert werde, während etwa Kinder aus Einwandererfamilien nahezu durchgehend einen Masernschutz haben, wollte er zumindest indirekt bestätigt oder eben nicht bestätigt bekommen.

Für das Gericht war dagegen entscheidender, ob es wirklich Probleme mit dem Datenschutz gibt, wenn die einzelnen Fallzahlen veröffentlicht werden. "Um Kitas und Schulen in welcher Größe geht es hier?", war deshalb die Frage an die Repräsentanten aus dem Bezirksamt. Die Antwort: Bei drei davon handle es sich um Tagespflegen mit nur etwa acht Kindern. Die anderen Tagesstätten hätten dagegen zwischen 25 und 85 Plätze, noch mehr, nämlich überall im dreistelligen Bereich, seien es an den Schulen.

Frage nach dem Datenschutz

Angaben, die die Richter zu der Ansicht kommen ließen, in den meisten Standorten sei dann, erst recht ein Jahr später, kaum noch nachzuvollziehen, wer zur damaligen Zeit wegen Masern und wer aus anderen Gründen gefehlt habe. Denn es könne davon ausgegangen werden, dass es etwa an einer Schule mit mehr als 100 Schülern auch im Frühjahr 2015 mehr Erkrankte gab, als nur die Infektions- oder Quaratänefälle.

Anders sehe es bei den ganz kleinen Einrichtungen aus. Hier wären eher Rückschlüsse möglich. Deshalb sollte bei ihnen eine Veröffentlichung eher unterbleiben. Die anderen Zahlen könne das Bezirksamt dagegen herausrücken. So der Vergleichsvorschlag, der vom Rechts- und Gesundheitsamt akzeptiert wurde, nicht aber von Timur Husein. Er wolle ein Urteil, sagte der Anwalt, der sich in dieser Sache auch selbst vertrat.

Das lässt jetzt erst einmal auf sich warten. Das Bezirksamt wurde zunächst aufgefordert, dem Gericht bis zum 6. Mai eine passgenaue Liste vorzulegen. Ob und in welchem Umfang sie danach allgemein zugänglich ist, wird danach entschieden.

Aktuell scheinen Masern übrigens kein großes Problem zu sein. 2016 seien bisher lediglich vier Fälle in Friedrichshain-Kreuzberg registriert worden, war bei der Verhandlung ebenfalls zu erfahren. Vielleicht auch deshalb, weil mehr Eltern Konsequenzen nach der Epidemie im vergangenen Jahr gezogen haben. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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