Wird Krawall zum Dauerzustand? Im Bezirk herrscht Ratlosigkeit nach der Görli-Randale
Rund 30 Krawallmacher hatten durch permanente Verbalattacken für ein vorzeitiges Ende der Veranstaltung gesorgt. Besonders im Visier war dabei Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU), der erst kurz vor dem Abbruch für wenige Momente zu Wort kam.
Wie sich ähnliche Exzesse in Zukunft vermeiden lassen, soll jetzt überlegt werden. Zunächst im Ausschuss für Bürgerschaftliches Engagement und Transparenz (BüTra), in den ein Antrag von Bündnis 90/Grüne verwiesen wurde, der eine solche Auswertung verlangt hatte. Er war allerdings bereits vor den Ereignissen vom 19. Februar geschrieben worden und deshalb, wie auch der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jonas Schemmel einräumte, wohl etwas zu optimistisch geraten und teilweise überholt.
Dass weitere Ausschussdiskussion hier die Lösung bringt, bezweifelten vor allem die Fraktionen von SPD und CDU. "Ein linksextremistischer Mob hat die Versammlung gesprengt", meinte Unionsredner Timur Husein. Jetzt gehe es darum, wie künftige Veranstaltungen geschützt werden können. "Notfalls mit der Polizei." Es könne nicht sein, dass sich 30 Leute "mit SA-Methoden" gegen 200 Besucher durchsetzen, fand John Dahl (SPD). "Hier dürfen wir uns nicht wegducken."
Ein Polizeieinsatz hätte an diesem Abend nur eine weitere Eskalation bewirkt, fand Jonas Schemmel. "Selbst die Einsatzkräfte rieten davon ab."
Für Bürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis 90/Grüne) ist das Krawallpotenzial wiederum kein alleiniges Problem des Bezirks. Vielmehr sei an vielen Stellen in der Stadt bei Auseinandersetzungen eine zunehmende Aggressivität zu beobachten. Ob am Mauerpark in Mitte, in Prenzlauer Berg, sogar in Steglitz-Zehlendorf. Und die Veranstaltung zu Olympia mit dem Regierenden Bürgermeister sei auch nicht viel anders verlaufen als die zum Görli. "Wir sind höchstens schlagzeilenträchtiger."
Aber schon innerhalb des Bezirks gibt es einige Unterschiede. In Friedrichshain ist nicht weniger Protestpotenzial vorhanden. Trotzdem verlaufen dort die meisten Konflikte noch immer sachorientierter. Die andere Seite soll mit Argumenten überzeugt werden. An einer torpedierten Veranstaltung haben gerade die Gegner wenig Interesse.
Anders in Kreuzberg, wo es meist um das große Ganze geht. Gerne garniert mit persönlichen Angriffen. Gut zu beobachten war das gerade bei der jüngsten BVV. Da fanden sich mehrere Anwohner vom Fraenkelufer ein, die gegen die Umbaupläne vor ihrer Haustür Sturm laufen - und ebenfalls mit Verbalattacken nicht sparten.
Dieses Phänomen ist nicht neu. Erinnert sei nur an die Auseinandersetzungen mit der Hausbesetzerszene vor mehr als 30 Jahren. Auch damals ging es oft weniger um den Austausch von Argumenten als vielmehr um das Durchsetzen der eigenen Sichtweise. Nicht nur Günter König (SPD), einst Kreuzberger Bürgermeister, kann sich an manche turbulente BVV in jenen Jahren erinnern.
Aktivisten aus dieser Zeit wehren sich aber natürlich dagegen, mit den aktuellen Radaubrüdern und -schwestern auch nur in einem Atemzug genannt zu werden. Damals sei es um einen Kahlschlag und wahnwitzige Pläne, etwa eine Autobahn durch SO 36, gegangen. Heute gehe es dagegen vor allem um die Lust an der Randale.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.