"Absoluter Wahnsinn"
Bürgermeisterin Herrmann rügt geplanten Weiterbau der A100

Der Weiterbau der A100 durch Friedrichshain ist seit Jahren heftig umstritten. Trotzdem hat der Bund jetzt grünes Licht für das Planverfahren gegeben. Bürgermeisterin Clara Herrmann tadelt die Pläne als „Autobahnwahnsinn durch unseren Bezirk“. Auch der BUND äußert scharfe Kritik.

Der Weiterbau der A100 kommt nun offenbar doch. Das Bundesverkehrsministerium hat vor wenigen Tagen die Ausschreibung für den 17. Bauabschnitt der A100 veröffentlicht und treibt damit das Planungsverfahren voran.

Das letzte Stück der Autobahn soll vier Kilometer lang werden und führt vom Treptower Park über Ostkreuz und die Frankfurter Allee bis zur Storkower Straße. Hinter der Elsenbrücke an der künftigen Anschlussstelle Markgrafendamm verschwinden die Autos bis zur Anschlussstelle Frankfurter Allee in Höhe Gürtelstraße in einem Tunnel. Ursprünglich sollte mit dem 17. Bauabschnitt gar nicht mehr begonnen werden. Auf Landesebene sind Grüne und Linke gegen die Verlängerung der A100. Zahlreiche Initiativen, vereint unter dem Dach von „Gerechtigkeit jetzt!“, der (BUND und viele Anwohner sind ebenfalls dagegen. Drohen doch Betonschneisen mitten durch die Stadt, Umweltschäden, Lärm und Verkehrschaos während der Bauzeit.

Berlin brauche mehr entsiegelte
und grüne Flächen

Ein klares Nein kommt auch von Clara Herrmann (Grüne). Die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg lehnt wie schon ihre Vorgängerin den Weiterbau der A100 durch Friedrichshain ab. „Über die aktuelle Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums kann ich nur den Kopf schütteln“, so Herrmann. „Gerade jetzt wird deutlich, dass wir neue Formen der Mobilität brauchen, um uns von Gas und Öl unabhängiger zu machen.“ In Zeiten der Klimakrise neue Autobahnabschnitte bauen zu wollen, sei „absoluter Wahnsinn“. Berlin brauche mehr entsiegelte und grüne Flächen, bezahlbaren Wohnraum und lebenswerte Kieze. „Und keine Autobahn mitten in der Innenstadt.“ Den Bund fordert die Rathauschefin auf, „den Autobahnwahnsinn durch unseren Bezirk zu stoppen“. Friedrichshain-Kreuzberg werde alle Möglichkeiten nutzen, um diese Autobahn zu verhindern.

Von einem „verkehrspolitischen Unsinn“ und „klimapolitischen Wahnsinn“ spricht auch Julian Schwarze, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus und Wahlkreisabgeordneter in Friedrichshain. „Die Autobahn würde nicht für weniger Verkehr, sondern für mehr Verkehr in der Innenstadt sorgen, besonders in Friedrichshain, Lichtenberg und Pankow.“ Die Folge seien mehr Lkw, mehr Lärm und mehr giftige Abgase. „Das wäre das Letzte, was die Kieze dort gebrauchen können. Was wir brauchen ist Rückbau statt Neubau.“ Der Bundestag müsse den Verkehrswegeplan umgehend ändern, verlangt Schwarze, und so die Pläne aus dem letzten Jahrhundert endlich beenden. „So ein Milliardengrab können wir bei uns in Berlin nicht gebrauchen und werden mit ganzer Kraft dagegen kämpfen."

BUND gegen "Betonschneise"

Der beabsichtigte Start der Planung für den 17. Bauabschnitt stößt ebenso beim BUND auf massive Kritik. „Angefangen am Treptower Park, würde der 17. Abschnitt eine Betonschneise der Verwüstung durch Friedrichshain schlagen. Einer neuen Spreequerung würden als Gartendenkmal geschützte Platanen und das denkmalgeschützte Gebäude der Osthafendirektion zum Opfer fallen“, warnt Landesgeschäftsführer Tilmann Heuser. Außerdem sei der projektierte Bau eines Doppelstocktunnels durch die eng bebaute Gürtelstraße quer zur Grundwasserströmung des Urstromtals mit hohen Risiken für die benachbarten Häuser verbunden. „Ob dies überhaupt machbar ist, ist bisher ungeklärt“, so Heuser. Im weiteren Verlauf sei die geplante Hochstraße der Autobahn über die Frankfurter Allee und anschließend über niedrige Gebäude des Ring-Centers und den Containerbahnhof mit massiven Belastungen für die benachbarten Wohnquartiere verbunden.

CDU: für den Osten Berlins eine gute Nachricht

Für die Berliner CDU-Fraktion ist der geplante Weiterbau der Autobahn dagegen eine „gute Nachricht“ für alle Berliner. „Damit wird gerade der Osten der Berliner Innenstadt vom Durchgangsverkehr entlastet“, sagt ihr verkehrspolitischer Sprecher, Oliver Friederici. „Somit dürfte sich auch die Luftqualität in vielen Stadtstraßen verbessern.“ Zugleich sei es auch eine gute Lösung für das Nadelöhr an der Elsenbrücke.

2011 hatte der rot-schwarze Senat grünes Licht für den 16. Bauabschnitt der A100 gegeben. Seit 2013 wird er vom Autobahndreieck Neukölln bis zur Straße Am Treptower Park gebaut. Hunderte Kleingärten und mehrere Mietshäuser mussten dafür weichen. Kostenpunkt: Rund 560 Millionen Euro. Als der 16. Bauabschnitt in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wurde, war man noch von rund 313 Millionen Euro inklusive Vorplanung ausgegangen. Die Kosten für das Mammutprojekt durch Friedrichshain werden inzwischen auf mehr als eine Milliarde Euro veranschlagt.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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