Wo aus Blumenkohlblättern Kimchi wird
"Roots Radicals" macht aus gerettetem Gemüse langlebige Konserven

Back to the roots: Monica Kisic (links) und Cayetana Melero zaubern aus geretteten Lebensmitteln vollen Genuss.   | Foto:  Ulrike Kiefert
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  • Back to the roots: Monica Kisic (links) und Cayetana Melero zaubern aus geretteten Lebensmitteln vollen Genuss.
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Zu klein, zu krumm oder schlicht zu viel: Unmengen von Lebensmitteln landen jedes Jahr im Müll. Was für eine Verschwendung, findet Monica Kisic und packt mit „Roots Radicals“ das Problem an der Wurzel an.

Im Hinterhof riecht es appetitlich. Nach Tomaten, Äpfeln, Paprika, Blumenkohl, scharfer Soße und Gewürzen. Die Küche ist das Reich von Monica Kisic und ihrem Team. Hier wird gekocht, fermentiert und eingelegt. Hier schlägt das Herz eines ganz besonderen Start-ups. „Jedes Jahr werden Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen“, sagt Monica Kisic. „Das beginnt schon bei der Ernte.“ Was zu groß, zu klein, zu krumm oder zu schrumpelig ist, fällt dem Perfektionswahn zum Opfer und kommt gar nicht erst in den Handel. Oder wird, wenn es zu viel ist, in den Supermärkten aussortiert.

Um das zu ändern, hat Monica Kisic vor knapp drei Jahren „Roots Radicals“ gegründet. Die Köchin und Molekularbiologin macht aus vermeintlich unperfektem Obst und Gemüse langlebige Konserven wie Pasten, Soßen, Suppen, Chutneys, Marmeladen und Kompotte. Dabei nutzt sie traditionelle Einmach- und Fermentiertechniken. Damit die Produkte auf natürliche Weise haltbar bleiben. So wird aus Sauerkraut und Äpfeln Essig, aus geschälten Tomaten Ketschup oder Salsa-Dip, aus gebackenem Knoblauch braune Paste für Pizza, aus Chilli und Zitronen Jalapeno-Sauce. Um auch beim Kochen mit so wenig Verlust wie möglich zu arbeiten, lässt sich Monica Kisic ständig neue Rezepte einfallen – inspiriert von ihrer Heimat Peru. Aus Blumenkohlblättern und Weißkohlstrunken, Apfelkernen und getrockneten Schalen werden Kimchi, Piccalilli, Gemüsebouillon und Gewürze, aus Blaubeeren und gedämpften Erdbeeren süßes Kompott. Das Ergebnis ist eine nahezu abfallfreie Lebensmittelproduktion.

Die Rohstoffe erhält Monica Kisic direkt von den Höfen oder von Supermärkten. Andere Bioprodukte kauft sie zu, von „Querfeld“ zum Beispiel. Oder grüne Tomaten von „Tiny Farms“ in Brandenburg. Statt sie zu kompostieren werden daraus Marmeladen. Mehr als 400 Kilogramm Obst und Gemüse konnte „Roots Radicals“ so bisher vor der Mülltonne retten.

Traum vom eigenen
Produktionsstandort

Unterstützt wird Kisic von einem siebenköpfigen Team aus Festangestellten, Freien und Freiwilligen. Ihr Bruder und Cayetana Melero, ihre rechte Hand, gehören dazu. Alle zusammen arbeiten daran, neue Vertriebspartner zu finden. Denn das Sortiment wird immer größer. Begonnen mit der ersten Kreation, der Gemüsebouillon, sind es heute 35. Und mit jedem neuen Produkt wächst auch die Nachfrage. Weshalb die Mietküche in der Schreinerstraße 60 mittlerweile zu klein geworden ist. Hinzu kommt, dass auch andere Manufakturen dort kochen. Monica Kisic hat deshalb eine Crowdfundingkampagne gestartet und so 32 000 Euro als Startkapital sammeln können. Damit will sie sich den Traum eines neuen, größeren Produktionsstandortes erfüllen. Mit gläserner Küche, Workshopräumen und einem Café. In den Weddinger Osram-Höfen zum Beispiel. Dort sitzt auch „Super Coop“, mit denen das Start-up eng zusammenarbeitet. „Mit einem Regal aber würden wir gern hier im Kiez bleiben“, sagt Kisic.

Ihre Produkte verkauft sie immer sonnabends in der Markthalle 9 in Kreuzberg. Auch Cafés und die Supermarktgenossenschaft "Super Coop" sind dankbare Abnehmer. Ihr Wissen teilt Monica Kisic in Workshops, auf Veranstaltungen, Festivals und in Videos mit ihrer wachsenden Community. Gerade hat sie ihr neuestes Rezept fertig: Barbecuesauce aus Bananen. „Wir wollen Vorbild sein für andere kleine Firmen, die auf Nachhaltigkeit setzen“, sagt die 39-Jährige. Und sie will andere Menschen mit ihrer Upcycling-Idee begeistern. Damit sie das kreislauforientierte Lebensmittelsystem in ihrer eigenen Küche umsetzen. „Wir wollen die Menschen wieder an die Ursprünge ihres Essens heranführen, denn viele haben heute den Bezug zu Lebensmitteln verloren.“ Auch dafür steht der Name „Roots Radicals“.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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