Denkmalschutz für oranges Ufo?
Abrissstopp für das leerstehende Diesterweg-Gymnasium möglich

Steht seit 2011 leer. Das markante "Ufo" des ehemaligen Diesterweg-Gymnasiums soll unter Denkmalschutz gestellt werden. | Foto: Dirk Jericho
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Anfang September hat der Senat das einzigartige Kongress-Raumschiff ICC unter Denkmalschutz gestellt. Jetzt prüft das Landesdenkmalamt ein weitere Ikone der 1970er-Jahre Nachkriegsmoderne unter Schutz zu stellen. Das wäre die Rettung für das imposante „Ufo“ an der Swinemünder Straße.

Abgerundete Ecken, große Bullaugenfenster, peppiges Orange und grüne Türen – das ehemalige Diesterweg-Gymnasium im Brunnenviertel ist ein absoluter Hingucker. Das markante Bauwerk wurde 1974 bis 1976 nach Plänen von Hans-Joachim Pysall, Uwe Jensen und Peter Stahrenberg als Oberstufen-Schulzentrum Wedding errichtet. Das Raumkonzept war seinerzeit ultramodern, die Kombination von Schule und außerschulischen Angeboten damals absolut visionär. Doch der Bezirk will bisher das orange "Ufo" abreißen und stattdessen eine Typenbauschule errichten. Nach einem Wasserschaden im vergangenen Jahr sprach Schulstadtrat Carsten Spallek (CDU) von einem wirtschaftlichen Totalschaden. Das ehemalige Diesterweg-Gymnasium steht seit 2011 leer und ist seitdem mächtig vergammelt.

Noch hat das Landesdenkmalamt nicht entschieden, das deutschlandweit einzigartige Ensemble zwischen Swinemünder und Putbusser Straße vor der Abrissbirne zu schützen. Aber nach Informationen der Berliner Woche werden sich die Denkmalexperten schützend vor diese Zeitkapsel stellen. „Unser Herz schlägt für die Schule“, sagt Christine Wolf vom Landesdenkmalamt. „Ich freue mich über die Einschätzung des Landeskonservators. Auch ich halte die Schule in ihrer Architektur und ihrer innenräumlichen Konzeption für bedeutend und erwarte eine Unterschutzstellung“, sagt Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD). „Die Variante Abriss und Neubau ist für mich hiermit vom Tisch“, so der Stadtrat. Er will die dringend benötigte Sekundarschule im Bestandsgebäude unterbringen.

Das wäre das Ende von PS Wedding. Die private Non-Profit-Initiative plant seit sieben Jahren, die orangefarbene Ex-Schule in ein Quartiers- und Nachbarschaftszentrum mit Kita, Theater, Bibliothek, Sportangeboten, Gemeinschaftsgarten und preiswerten Wohnungen in den oberen Etagen umzubauen. Das Kiezprojekt wurde lange von Bezirks- und Landespolitikern unterstützt und war vergangenes Jahr kurz vor dem Abschluss eines langfristigen Erbbaupachtvertrages und damit auf der Zielgeraden. Bis das Bezirksamt erklärte, das Gelände selbst dringend für einen Schulneubau zu benötigen.

Aus für Campusprojekt von PS Wedding

Der Abriss scheint mit der Ankündigung der Denkmalschützer zwar vorerst vom Tisch zu sein; aber mit der Bezirksamtsentscheidung auch das Kiezkonzept von PS Wedding. Das Team hat erst im Mai ein neues Campuskonzept vorgelegt und einen Schulneubau neben dem Ufo vorgeschlagen. Die Schüler könnten zum Beispiel die Aula in dem Bestandsgebäude nutzen und es ergäben sich viele weitere Synergien, meint Oliver Clemens von PS Wedding. Für einen Schulneubau reichen die Flächen nicht, sagt hingegen Ephraim Gothe. PS Wedding könne aber die orangefarbene Schule mitnutzen, dreht er den Spieß um. Außerschulische Angebote könnten zum Beispiel in der extern zugänglichen ehemaligen Hausmeisterwohnung und im alten Garderobenbereich untergebracht werden. Clemens ist sauer, dass es wie beim Runden Tisch versprochen „kein gemeinsames Arbeiten an Lösungsideen“ gibt. „Wir wollen nicht das fünfte Rad am Wagen sein. Ein paar Restflächen zu bespielen ist kein Kompromiss“, so Clemens. Er will, dass auf dem Gelände etwas Beispielhaftes für den Kiez und viel mehr als nur eine Schule entsteht.

Das PS Wedding-Projekt wäre ohne den Wohnungsbau (in den Obergeschossen des Bestandsgebäudes sowie in einem Neubau waren 150 Mietwohnungen geplant) sowie anderer Nutzungen wie eine Bewegungskita gestorben. Nach jahrelangem Engagement für das Vorzeigeprojekt sei dieser Umgang mit zivilgesellschaftlichen Akteuren „ein Beispiel, wie man es nicht macht“, ärgert sich Clemens. Obwohl Gothe eine Lösung für beide Projekte (PS Wedding im Altbau und Schulneubau daneben) für unwahrscheinlich halte, will er die „Tür nicht zuschlagen und sich nicht weiteren Ideen verweigern“. Das Bezirksamt hat am 10. September deshalb beschlossen, „dass das Stadtplanungsamt in Zusammenarbeit mit dem Schulamt und der Senatsbildungsverwaltung unter Einbeziehung des Runden Tisches die Prüfung der Eignung des Grundstückes als zukünftigen Schulstandort unter Einbeziehung des Konzepts von PS Wedding koordiniert“. Die Hinweise des Landesdenkmalamtes sollten dabei berücksichtigt werden, heißt es weiter.

Das Bezirksamt will mit dem Beschluss nach außen signalisieren, dass es prinzipiell für alles offen ist. In Wirklichkeit ist es aber fest entschlossen, die möglicherweise demnächst unter Denkmalschutz stehende Schule selbst komplett zu nutzen. Ein Kiezzentrum mit Wohnungen in den Obergeschossen wäre mit dem Denkmalschutz ohnehin nicht vereinbar, glaubt Gothe. Es gehe dem Landeskonservator ja nicht nur um die Architektur und Fassaden des Gebäudes, sondern um das „Pilotprojekt dieser bildungspolitischen Reformen“, wie es in einer ersten Bewertung aus dem Landesdenkmalamt heißt. „Das Oberstufen-Schulzentrum Wedding ging über die räumliche Organisation des Lehrkonzeptes weit hinaus und ermöglichte die Integration außerschulischer Bildungs-, Kultur- und Kommunikationsangebote“, schreibt Berlins oberster Denkmalschützer Christoph Rauhut an Gothe.

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Dirk Jericho aus Mitte

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