Auf dem Weg zurück ins Leben
Im Tagesbeschäftigungszentrum wird Menschen geholfen, die einen schweren Schicksalsschlag erlitten

Koordinatorin Iris Meyer ist für ihre Klienten wie Alexander Döring da, der vor fünf Jahren einen Schlaganfall erlitt. Der Grünauer beweist handwerkliches und künstlerisches Talent, obwohl er nur einen Arm nutzen kann. | Foto: Philipp Hartmann
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  • Koordinatorin Iris Meyer ist für ihre Klienten wie Alexander Döring da, der vor fünf Jahren einen Schlaganfall erlitt. Der Grünauer beweist handwerkliches und künstlerisches Talent, obwohl er nur einen Arm nutzen kann.
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Von einem Tag auf den anderen ist nichts mehr wie zuvor. Schädel-Hirn-Traumata, Hirntumore, Hirnblutungen, Schlaganfälle, Sauerstoffmangel oder Unfälle können das Leben ganz plötzlich komplett verändern. Um Betroffenen zu helfen, gibt es ein Tagesbeschäftigungszentrum (TBZ) in der Müggelheimer Straße 5a.

Betrieben wird es durch die RC reweca Berlin gGmbH, ein Unternehmen des gemeinnützigen Vereins „RC Partner für Reintegration und Chancengleichheit“. Maximal 24 Personen können betreut werden. Derzeit sind es 14. Finanziert wird ihr Platz über die Eingliederungshilfe im zuständigen Sozialamt, wo Angehörige einen Antrag stellen können. Im TBZ arbeiten mit Koordinatorin Iris Meyer und Carola Melcher zwei Frauen im Betreuungsdienst. Unterstützt werden sie von einer jungen Kollegin, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr absolviert. „Wir sind Mädchen für alles, müssen handwerklich begabt sein, kochen, verarzten und auch erziehen können“, sagt Iris Meyer. Manchmal gehe es zu wie in einem Kindergarten. Insgesamt würden die sehr unterschiedlichen Menschen aber gut miteinander auskommen und sich auch gegenseitig helfen. „Es ist unsere Aufgabe, diese Menschen zu motivieren – und dass sie eine Wertschätzung erfahren.“

Im Haus werden den Klienten ein strukturierter Tagesablauf und individuelle Förderung geboten. Sie können dort sechs Stunden am Tag verbringen, erhalten ein Mittagessen und können sich kreativ betätigen. Zur Verfügung stehen eine Holzwerkstatt, ein Bastelraum mit einer Nähmaschine, eine Trainingsküche, ein Computerraum, ein Bewegungs- und Sportraum sowie ein Entspannungs- und Ruhebereich. Alle Angebote dienen dazu, die kognitiven Fähigkeiten zu trainieren, soziale Kompetenzen und Kontakte zu fördern. „Sie sollen hier nicht an ihre Lebenssituation erinnert werden“, betont Iris Meyer.

Der Schwerpunkt liegt auf Schlaganfallpatienten. „Es kann jeden treffen“, erklärt die Koordinatorin, vom Teenager bis zum Senior, vom Professor bis zum Busfahrer. Die Folgen sind oft gravierend. Bei vielen bricht die Familie auseinander. Freunde wenden sich ab. Die sozialen Kontakte brechen weg. Der Lebensalltag gerät komplett aus den Fugen. An eine Rückkehr ins Berufsleben ist nicht mehr zu denken. Die Betroffenen benötigen neben einer angepassten Wohnsituation auch arbeitsähnliche Tätigkeiten. Plötzlich permanent auf die Hilfe angewiesen zu sein, damit kommt nicht jeder zurecht. „Es ist ein ganz langwieriger Prozess. Manche überwinden das nie“, berichtet Iris Meyer. Wichtig sei ein guter Familienverband, doch den hat nicht jeder.

Alexander Döring wurde nach einem Schlaganfall mit Herzstillstand von seiner Frau später verlassen. Die beiden Kinder sieht er kaum noch. Seit dem Vorfall vor fünf Jahren, als er zwischenzeitlich im Koma lag, ist er halbseitig gelähmt. Der Rechtshänder kann deshalb nur noch seinen linken Arm benutzen. Das Laufen fällt ihm sichtlich schwer. Anfangs saß er im Rollstuhl. Inzwischen bewegt er sich mit einem Gehstock. Auch das Sprechen ist eine Herausforderung. Er musste es erst wieder lernen. Der frühere Bäcker und Physiotherapeut hat jedoch ein Hobby gefunden, das ihm gefällt. Aus Holz stellt er Nistkästen für Vögel, Insektenhotels und Fensterbilder her, die er kunstvoll bemalt. Mit der Laubsäge und dem Pinsel beweist er viel Talent, und das alles mit nur einem Arm.

Die Produkte werden auch verkauft. Immer donnerstags von 10 bis 13 Uhr sind sie an einem Stand auf dem Schlossplatz Köpenick erhältlich. Auch Artikel aus Peddingrohr, Stoff und Wolle sind darunter. Eine Klientin, so erzählt Iris Meyer, sei früher Leitende Hebamme im Geburtshaus Hellersdorf gewesen, bis sie 2010 einen Schlaganfall erlitt. „Sie näht mit einer Hand einen Knopf an, was andere nicht mal mit zwei Händen schaffen.“ Immer wieder sei sie selbst erstaunt über solche Fähigkeiten. Seit Anfang 2019 arbeitet Meyer im TBZ, auch weil es dort „heimelig und familiär“ sei. „Einfach mal den Menschen etwas zu geben und etwas zurückzubekommen, diese Freude zu erleben, das macht mir Spaß“, sagt sie.

Kontakt unter Telefon 64 09 30 97 und tbz-koepenick@rc-online.eu

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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