Die Arche Noah zum Anfassen
Auf der Baustelle des neuen Kindermuseums des Jüdischen Museums

Das Kindermuseum und seine erwachsenen Macher. | Foto: Thomas Frey
6Bilder
  • Das Kindermuseum und seine erwachsenen Macher.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Alan Maskin arbeitete einst als Lehrer. Es ist anzunehmen, dass er dort ähnlich engagiert und begeisterungsfähig auftrat wie in seiner jetzigen Profession als Architekt und Designer.

Der Amerikaner weiß schon wegen seiner beruflichen Vergangenheit, wie Kinder am besten angesprochen werden können. Tiere sind bei ihnen fast immer beliebt. Auch eine Geschichte, die sich mit dem Gesehenen verbindet. Und, ganz wichtig, sie müssen die Gegenstände vor ihren Augen, im wahrsten Sinne des Wortes be-greifen können.

Das alles soll ihnen im neuen Kindermuseum des Jüdischen Museums geboten werden. Es entsteht derzeit in einem bisher ungenutzten Teil der ehemaligen Blumengroßmarkthalle am Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz. Maskins Büro "Olson Kundig Architecture and Exhibit Design" aus Seattle hat sich dafür beim Wettbewerb mit seinem Konzept durchgesetzt. Am 17. Mai 2020 soll das Kindermuseum eingeweiht werden. Am gleichen Tag wie die dann überarbeitete Dauerausstellung des Museums.

Noch ist dort aber eine Baustelle, auch wenn sich das eine oder andere schon erkennen lässt. Dazu lässt sich durch Alan Maskins Erklärungen einigermaßen vorstellen, wie alles am Ende aussehen soll.

Von der Sintflut zum Naturschutz

Das Thema des Museums ist die Arche Noah, also die biblische Geschichte von der Sintflut. Eine nachgebildete Arche bildet als Haus-im-Haus-Bereich den Mittelpunkt, einschließlich vieler Tiere – Affen, Giraffen, Elefanten, aber auch schon ausgestorbene wie das Mammut. Natürlich sind die nicht echt, sondern werden aus recyceltem Material hergestellt. Aber sie sollen echt aussehen und von den jungen Besuchern auch gefüttert und gepflegt werden.

Was zum Ansatz des direkten Berühren und damit tätigem Mitmachen führt. Gerade das sei an den meisten Ausstellungsorten nicht möglich, erinnern die Verantwortlichen des Jüdischen Museums. Nur visuelles Anschauen stoße bei Kindern aber auf wenig Interesse. Sie müssten ein Objekt berühren, spielerisch damit umgehen können. Und das erst recht in ihrem Haus, in das schon jetzt jedes Jahr rund 22 000 Heranwachsenden kommen. Zudem seinen 20 Prozent aller Besucher jünger als 20 Jahre.

Der Zugriff auf die Tiere oder das Klettern und Ausprobieren in der Arche ist gleichzeitig Teil des pädagogischen Konzepts Lernen durch aktive Teilnahme. Dazu zählen auch Workshops und weitere Veranstaltungen. Ausgehend von der Noah-Erzählung geht es um den Erhalt der Arten und damit auch das weite Feld von Umwelt- und Klimaschutz sowie Nachhaltigkeit, auf die bereits beim Bau der Arche und dem dabei verwendeten Material geachtet wurde. Eine "andere, bessere Welt", "Rettet die Welt" oder "Ankunft in einer neuen Welt" heißen die Themenorte, in der religiös-fundierten Terminologie heißt das "Bewahrung der Schöpfung".

"Neuerfindung" und Identitätssuche

Denn natürlich lässt sich die Religion bei diesem Vorhaben nicht ausblenden, auch wenn sie, so Barbara Höffer, Verantwortliche für das Konzept, nicht im Vordergrund stehe. Noah und die Sintflut sind einer der ersten Texte der jüdischen Tora im ersten Buch Mose. Als solche ist er auch Teil des Alten Testaments im Christentum. Und im Islam ist sie ebenfalls bekannt. Darüber hinaus finde sich eine solche Flutüberlieferung in nahezu allen Kulturen. Das speziell Jüdische sei vor allem, diese Vorlage neu zu deuten, gerade in der heutigen Situation. "Flutgeschichten sind auch Fluchtgeschichten", verweist Barbara Höffer auf ein weiteres Thema.

Ein Ansatz, der eigentlich auch keinen Anlass für erneuten Anstoß geben könne, meinte Martin Michaelis, derzeit Geschäftsführender Direktor auf Nachfrage. Natürlich bezog sich das auch auf die Auseinandersetzungen des vergangenen Sommers, die im Rücktritt des bisherigen Chefs Peter Schäfer gipfelten. Ein zentraler Vorwurf, der ihm und dem Museum gemacht wurde: Es sei nicht mehr klar, wofür es eigentlich stehe. Erst recht nicht für eine speziell jüdisches Sicht. Den Turbulenzen soll jetzt eine Art „Neuerfindung“ folgen. Das bezieht sich speziell auf die beiden Einweihungstermine im kommenden Mai. Bis dahin soll auch ein neuer Direktor gefunden sein.

Wobei das vorgestellte Konzept für das Kindermuseum gleichzeitig zeigt: Das Haus sieht sich weiter als Ort für alle. Seine Ausstellungen und Angebote wurzeln zwar in jüdischer Kultur, reichen aber auch darüber hinaus.

Deutlich wird das auch an einem Kinderbeirat, bestehend aus 20 Schülerinnen und Schülern mehrerer Grundschulen, die an der Ausgestaltung der Arche mit Rat und Ideen mitwirkten. Auch beim künftigen Namen. Das Museum wird „Anoha“ heißen.
"Neuerfindung" und Identitätssuche

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 196× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 172× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! | Foto: milangucic@gmail.com

Schonende OP-Methode
Patienteninfo: Wenn die Hüfte schmerzt

Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! Entdecken Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüftschmerzen auf unserem Infoabend. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, führt Sie durch die modernsten Methoden bei Hüftoperationen. Erfahren Sie, wie die schonende AMIS-Methode eine minimalinvasive Implantation von Hüftprothesen ermöglicht und die Fast-Track-Behandlung eine rasche...

  • Hermsdorf
  • 26.04.24
  • 16× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 235× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 607× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.