Mode made in DDR
Ausstellung zur "Sibylle" und ihren Fotografen

Vier Jahrzehnte "Sibylle" in Schwarz-Weiß und in Farbe. | Foto: Thomas Frey
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  • Vier Jahrzehnte "Sibylle" in Schwarz-Weiß und in Farbe.
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Auch Bitterfeld konnte schön sein. Wenn sich schöne und extravagant angezogene Frauen dort für Fotoaufnahmen ablichten ließen.

Das galt auch für andere Städte in der DDR: Stralsund, Leipzig und immer wieder (Ost)-Berlin. Selbst dann, wenn die Szenerie vor der die Models posierten, nicht immer die Schokoladenseite zeigte. So gesehen ist die Ausstellung "Sibylle" im Willy-Brandt-Haus auch eine Art bebilderte Geschichte des einstigen Staates. Häufig so, wie er sich sehen wollte, manchmal auch so, wie er war. Präsentiert aus dem Blickwinkel einer Zeitschrift und ihrer Fotografinnen und Fotografen.

"Sibylle" war das bekannteste Mode- und Kulturjournal der Deutschen Demokratischen Republik. Sie erschien von 1956 bis 1995 sechs Mal jährlich – seit Ende 1990 auch noch im wiedervereinigten Deutschland – und damit länger als die meisten anderen DDR-Publikationen. Aber schließlich kämpfte sie ebenfalls auf verlorenen Posten. Am Ende betrug ihre Auflage weniger als 20 000 Exemplare. Einst waren es zehn Mal so viele. "Sibylle" war "Bückware".

Die Zeitschrift habe maßgeblich zum damaligen Frauenbild und zur Reflexion der gesellschaftlichen Verhältnisse beigetragen, suggeriert die Schau, die in Kooperation mit der Kunsthalle Rostock entstand und von Ute Mahler ergänzt wurde. Sie ist eine von insgesamt 13 "Sibylle"-Bildkünstlern, deren Werk in der Schau ebenfalls eine große Rolle spielt. "Es ging um Stil, Geschmack und die Ermutigung zur Individualität", erklärt Ute Mahler im Begleittext. Präsentiert auf jeweils 40 Seiten Mode und Kultur, in Szene gesetzt von den besten Fotografen.

Fotos sind noch immer Hingucker

Deren Portraits und Bildreportagen sind auch im Abstand von teilweise mehr als 50 Jahren noch immer Hingucker: Mal auf eine Person fokussiert, mal Frauen in Serie. Häufig auf Straßen und Plätzen, gerne auch in weniger bekannten Gegenden. Oder als Aufheller, wie beim Beispiel Bitterfeld. Aber auch mit Anklängen von Sub- und Gegenkultur. Vor allem in den 1980er-Jahren wollen die Ausstellungsmacher einen verstärkten Drang nach Veränderungen in den Heften festgestellt haben: Perestroika zwischen Pailletten.

Wobei "Sibylle" immer für sich in Anspruch nahm, nah an der Lebenswirklichkeit ihrer Leserinnen zu sein – unter den Voraussetzungen der politischen Verhältnisse. Dazu gehörten selbstverständlich auch Reportagen aus der Arbeitswelt, entsprechend inszeniert. „Elke, Marzahn“ oder „Martina, Hohen Neuendorf“ fanden sich auf den Seiten ebenso wie prominente Schauspielerinnen: von Katharina Thalbach über Annekathrin Bürger, Jutta Hoffmann bis Angelica Domröse.

Modejournale transportieren in fast jedem gesellschaftlichen System vor allem Ambiente, Geschmack, Kunst, heben den "normalen" Alltag auf eine andere Ebene. Das galt auch für "Sibylle" und ihre Fotografen, von den bereits verstorbenen Sibylle Bergemann und Roger Mehlis über Hans Praefke, Ute und Werner Mahler bis Sven Marquardt, um nur einige zu nennen. Letzterer ist auch heute noch bekannt. Vor allem als oberster Einlasskontrolleur im Friedrichshainer Club "Berghain".

Sie und andere haben mit ihren Arbeiten für die Zeitschrift für ein Gegenbild der DDR gesorgt. Und das auf zweifache Weise. Ihre Fotos vermittelten ein Leben, das so höchstens in Ansätzen existierte. Oft schwang aber auch die Botschaft mit, dass es manches außerhalb der vorgegebenen Norm bereits gibt und anderes unbedingt geben sollte.

"Sibylle", Willy-Brandt-Haus, Stresemannstraße 28. Die Ausstellung läuft bis zum 25. August. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 12 bis 18 Uhr. Eintritt frei, aber nur mit Ausweis.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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