Konrad Zuse soll geehrt werden
Streit um neuen Namen für Kreuzberger Wein

Der "Kreuz-Neroberger" und der "Kreuz-Ingelberger": Aus rechtlichen Gründen durften die Etiketten nicht fotografiert werden.  | Foto: Kiefert
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Der Name des Kreuzberger Weins soll Computer-Erfinder Konrad Zuse ehren. Die SPD kritisiert das. Zuses Rolle während der NS-Zeit sei fragwürdig, heißt es.

Die SPD-Fraktion in der BVV hat sich dagegen ausgesprochen, den Kreuzberger Wein in „01001011“ umzubenennen. Mit dem Binärcode will das Bezirksamt Computer-Erfinder Konrad Zuse ehren. Doch für die Sozialdemokraten ist das aus mehreren Gründen problematisch. So werfe unter anderem Zuses Kooperation mit der NS-Diktatur Fragen auf. „Die Entscheidung ist brisant“, sagt Fraktionssprecher Carl-Friedrich Höck. „Die Tätigkeiten Konrad Zuse als Ingenieur, Erfinder und Unternehmer während des Nationalsozialismus sind historisch noch nicht abschließend bewertet.“ Zuse hatte 1941 den Computer Z3 entwickelt und soll unter anderem aktiv an der Entwicklung von Gleitbomben und Lufttorpedos beteiligt gewesen sein.

Den Wein umzubenennen hatte das Bezirksamt im April beschlossen. Der Binärcode als neuer Name entspricht dem Buchstaben K von Kreuzberg. Die Zahlenkombination verweist auf den Ingenieur Konrad Zuse. Auf dem Grundstück Methfesselstraße 10, wo die Weinreben wachsen, soll Zuse mit den ersten binären Digitalrechner erfunden haben.

Der Kreuzberger Wein hat seinen Ursprung 1968. Im Rahmen der Städtepartnerschaft schenkte die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden dem Bezirk Kreuzberg die ersten Rieslingreben. Zwei Jahre später kam Spätburgunder aus dem rheinhessischen Ingelheim dazu. Bisher waren die Weine als „Kreuz-Neroberger“ und „Kreuz-Ingelberger“ in Umlauf, was auf die Partnergemeinden verwies. Laut Bezirksamt dürfen diese Namen nicht mehr verwendet werden, da sie zu deutlich auf die Herkunft des Weines schließen lassen und damit den geltenden rechtlichen Bestimmungen widersprechen. „Es wäre angemessen gewesen, die Partnerkommunen bei der Umbenennung einzubeziehen“, kritisiert die SPD-Fraktion weiter. Die Entscheidung des Bezirksamts, dies nicht zu tun, sei ignorant. Bei den Gemeinden habe das großes Unverständnis ausgelöst. „Ein wertschätzender Umgang mit den bestehenden Städtepartnerschaften sieht anders aus“, so Höck. „Wir sind sicher, hier fällt dem Bezirk im Dialog mit den Partnergemeinden sicher noch etwas Besseres ein.“

Zuses undurchsichtige Rolle während der NS-Zeit ist nicht unbekannt. Anlässlich seines 100. Geburtstags 2010 thematisierten verschiedene Medien die Schattenseiten seiner Biografie. So schrieben damals etwa die Süddeutsche Zeitung über Zuses Verwicklung in Nazi-Strukturen. Seine Fähigkeiten hätten ihm Privilegien verschafft. So sei Zuse als „unabkömmlich“ eingestuft worden, was ihm einen Einsatz an der Ostfront erspart habe. Für seine Firma, die er mitten im Krieg habe gründen können, um den Z3 zu bauen, seien ihm „Fremdarbeiter“ zugeteilt worden. Und Spiegel Online berichtete: „Stärker als bisher angenommen war der Bauingenieur Teil der NS-Rüstungsindustrie. Seine Rechner galten als wichtig für den 'Endsieg', seine Firma war ein 'Wehrwirtschaftsbetrieb'.“ Dokumente belegten zudem, dass Rüstungsbetriebe und NS-Institutionen Zuses Computer mit über 250 000 Reichsmark finanzierten.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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