DDR-Urlaub oder Obdachlosigkeit?
Assoziationen zu „Himmel über Nöldnerplatz“

Das Stillleben aus Aluminium-Zelt und Straßenlaterne ist dauerhaft am Nöldnerplatz zu sehen. | Foto: Luise Giggel
5Bilder
  • Das Stillleben aus Aluminium-Zelt und Straßenlaterne ist dauerhaft am Nöldnerplatz zu sehen.
  • Foto: Luise Giggel
  • hochgeladen von Luise Giggel

Den Nöldnerplatz ziert seit Anfang Januar ein neues Kunstwerk. Der Neuköllner Künstler Christian Hasucha hatte im vergangenen Jahr den ausgeschriebenen Wettbewerb des Bezirksamtes gewonnen. Nun konnten sich interessierte Bürger mit dem Künstler darüber austauschen.

„Als ich mit dem Auto kam und gar nicht wusste, was mich erwartet, war meine erste Assoziation ein riesiger Kopf“, sagt eine Frau in der Diskussionsrunde. Das sieht ein anderer Anwesender beim „Dialog zum Kunstwerk“ am 25. Februar im Museum Lichtenberg ähnlich. Nachdem die überschaubare Runde Interessierter gemeinsam mit Christian Hasucha „Himmel über Nöldnerplatz“ in Augenschein genommen hatte, wurden nach einem Vortrag des Künstlers Gedanken zum Werk ausgetauscht. Hasucha hatte zuvor erläutert, worauf es ihm bei seinen Werken ankomme und was ihm auch hier wichtig gewesen war: der Kontext, in dem seine Installationen stehen. Er stellte einige seiner vergangenen temporären Arbeiten vor und verwies dabei immer auf die Wirkung. Der öffentliche Raum sei danach stets etwas anders. Auch wenn sich optisch manchmal wenig verändert habe, so sei der Ort dann doch „kontaminiert“. Leute, die seine Kunstwerke gesehen haben, würden sich danach immer dran erinnern, wenn sie wieder am selben Ort vorbei kämen.

Dementsprechend sei ihm auch am Nöldnerplatz die Geste der Selbstermächtigung wichtig zu beachten. „Ich bin hier und nehme mir dieses Stück Erde“, könne das Kunstwerk aussagen. So liegt für Hasucha auch das Thema Obdachlosigkeit hier eher im Hintergrund. Viele der Anwesenden assoziieren aber genau das, wenn sie das Stillleben aus Aluminiumzelt und Straßenlaterne sehen. „Vielleicht hängt das damit zusammen, dass die Rummelsburger Bucht hier direkt um die Ecke ist“, meint ein Gast der Veranstaltung.

Inspiriert durch Traglufthallen

Das könne sich ja mit der Zeit ändern, wenn irgendwann niemand mehr in Berlin auf der Straße leben müsse, erwidert Hasucha. Er habe sich bei der Form des Zeltes absichtlich nicht an den ovalen Traglufthallen orientiert, die als Notübernachtungen genutzt werden. „Es wäre ein leichtes gewesen, das Problem der Obdachlosigkeit viel stärker zu betonen. In dem Moment, wo man aber so eindeutig wird in der Kunst, wird es einfach langweilig und eindimensional und das interessiert mich eigentlich weniger“, betont Hasucha seine Motive.

„Obdachlosigkeit hätte ich damit jetzt gar nicht assoziiert“, meint eine weitere Anwesende und bringt noch eine ganz andere Deutung ins Spiel: Das Familienzelt im Balaton-Urlaub zu DDR-Zeiten. Das könne dann ja als Erinnerung an das Jubiläum der Wiedervereinigung gemeint sein. Wie auch immer man das Werk am Ende verstehe, für Christian Hasucha ist auch wichtig, dass damit interagiert würde. Er wundert sich, dass es noch nicht mit Graffiti besprüht wurde. Das wäre für ihn jedenfalls interessant, auch wenn er niemanden auffordern wolle. Eine andere Person im Publikum fragt sich eher, „wann der erste Anruf beim Ordnungsamt eingeht, dass die Lampe nicht funktioniert“.

Der „Himmel über Nöldnerplatz“ ist im Gegensatz zu vielen anderen Werken von Christian Hasucha auf Dauer angelegt und soll sich im Zeitverlauf ändern. Menschen könnten sich daran anlehnen und über die Jahre soll das Zelt im besten Fall eine Patina bekommen. Sollte sich eines Tages die Umgebung ändern, habe der „Himmel über Nöldnerplatz“ Bestand und die Laterne könnte dann einmal daran erinnern, wie es 2020 hier ausgesehen habe.

Autor:

Luise Giggel aus Wedding

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

3 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 230× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 990× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 651× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.140× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.027× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.