Es mangelt an Hausärzten in Marzahn-Hellersdorf
Allgemeinmedizinerin Dr. Galina Münzer: „Wir kommen da an unsere Belastungsgrenze“

Dr. Galina Münzer im Behandlungszimmer ihrer Praxis im Forum Kienberg. Die 41 Jahre alte Hausärztin begrüßt die Ideen der KV Berlin, fragt sich jedoch, wann die geplanten Maßnahmen wirklich eine spürbare Entlastung bringen. | Foto:  Philipp Hartmann
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  • Dr. Galina Münzer im Behandlungszimmer ihrer Praxis im Forum Kienberg. Die 41 Jahre alte Hausärztin begrüßt die Ideen der KV Berlin, fragt sich jedoch, wann die geplanten Maßnahmen wirklich eine spürbare Entlastung bringen.
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Der Hausärztemangel in den östlichen Außenbezirken ist seit Jahren bekannt. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin investiert deshalb ab diesem Jahr viel Geld für „das umfangreichste Förderprogramm zur Verbesserung der Hausarztversorgung, das in Berlin jemals aufgelegt wurde“. Bis sich die Lage möglicherweise entspannt, dürfte aber noch viel Zeit vergehen.

Gerade in Marzahn-Hellersdorf sind die Hausarztpraxen extrem überlaufen, wie eine Allgemeinmedizinerin aus ihrem Alltag berichtet. Dr. Galina Münzer ist Hausärztin mit einer eigenen Praxis im Einkaufscenter Forum Kienberg. Im dortigen Ärztehaus praktizieren außer ihr noch zwei Orthopäden, eine Neurologin/Psychiaterin und eine Internistin/Hausärztin. Zudem gibt es eine Zahnarztpraxis. Die 41-Jährige kennt sich bestens im Kiez aus. Sie ist in Hellersdorf aufgewachsen, wohnt heute in Mahlsdorf. Zunächst hat sie ein Jahr lang in einem Angestelltenverhältnis in der Praxis gearbeitet, diese dann aber vor drei Jahren übernommen, als ihre Vorgängerin sich in den Ruhestand verabschiedete.

Die Hausarztpraxis von Dr. Galina Münzer im Forum Kienberg ist überlaufen. Neue Patienten werden nicht mehr angenommen. An vielen anderen Standorten ist die Situation ähnlich. | Foto: Philipp Hartmann
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Allein im letzten Quartal 2021 kamen 1300 Patienten zu ihr in die Praxis, was sie anhand der eingelesenen Chipkarten erfassen kann. „Das war eine Ausnahme. Wir kommen da an unsere Belastungsgrenze“, sagt sie. Mehr Patienten als jetzt könne sie nicht mehr behandeln, doch täglich kämen neue Anfragen. Menschen auf der Suche nach einem Hausarzt abzuweisen, sei kein gutes Gefühl, denn sie sei schließlich Ärztin geworden, um zu helfen. „Es tut einem weh, es tut einem leid“, sagt sie. „Ich möchte den Patienten, die ich versorge, auch gerecht werden, sie gut behandeln und keine Fließbandarbeit machen. Man muss sich selbst eine Grenze setzen, sonst schleichen sich Fehler ein.“

Manche Bürger seien regelrecht verzweifelt. Sie würden sie fragen, was sie denn jetzt machen sollen, wie sie an ihre dringend benötigten Medikamente kommen. „Wenden Sie sich an die KV“, ist der einzige Rat, den Galina Münzer noch geben kann. Denn auch andere Hausärzte im Bezirk, mit denen sie in Kontakt steht, haben keine Kapazitäten mehr für neue Patienten und suchen auch zum Teil schon seit Jahren vergeblich nach einem Nachfolger.

Ihre Erfahrungen spiegeln sich in den Zahlen der KV Berlin wider. Auf Anfrage der Berliner Woche teilte die KV mit, dass aktuell 66 Hausärzte im Bezirk 60 Jahre oder älter sind, davon 51 in eigener Niederlassung sowie 15 weitere als angestellte Hausärzte. In Marzahn-Hellersdorf versorge derzeit ein Hausarzt insgesamt 1736 Patienten, der Durchschnitt für Berlin liege bei 1607. Dr. Galina Münzer geht davon aus, dass sie sogar mindestens 2500 Patienten versorgt.

Folge des Hausärztemangels ist, dass manche Patienten immer weitere Wege zu ihrem Hausarzt zurücklegen. Ein Problem speziell für Ältere. Zu Galina Münzer kommen längst nicht mehr nur Menschen aus Kaulsdorf und Hellersdorf, sondern auch aus Hoppegarten und Altlandsberg.

Warum heute solch ein Hausärztemangel im Bezirk herrscht, erklärt sie sich unter anderem durch den seit Jahren boomenden Wohnungsbau. „Wir haben viele Zugezogene, die nun dastehen und keinen Arzt haben.“ Ihre Idee lautet deshalb, dass bei größeren Neubauten von vornherein immer Räume für Arztpraxen eingeplant werden sollten. Der Bezirk habe außerdem noch immer ein Imageproblem. Und Galina Münzer gibt außerdem zu bedenken: „Mit mehr Geld Ärzte anzulocken, ist eine Möglichkeit, reicht aber meiner Meinung nach nicht. Es geht auch um gute Arbeitsbedingungen.“

Die KV Berlin investiert ab diesem Jahr jährlich 1,4 Millionen Euro, insgesamt 21 Millionen, um die Hausärzteversorgung in Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow-Köpenick zu verbessern. Mit ihrer eigens gegründeten KV Praxis Berlin GmbH will sie erstmals eigene Praxen betreiben, außerdem den Ärztenachwuchs mit Stipendien in die Außenbezirke locken.

Das Haus der Gesundheit in der Etkar-André-Straße 8 kommt für die KV Berlin als Praxisstandort nicht infrage. | Foto: Philipp Hartmann
  • Das Haus der Gesundheit in der Etkar-André-Straße 8 kommt für die KV Berlin als Praxisstandort nicht infrage.
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Wo solche Eigeneinrichtungen eröffnen werden – die ersten sollen noch in der zweiten Jahreshälfte an den Start gehen – ist aber weiterhin unklar. Das leerstehende Haus der Gesundheit in der Etkar-André-Straße 8 direkt neben dem Forum Kienberg „ist mit Blick auf die Anforderungen nicht geeignet“, heißt es auf Nachfrage. „Aufgrund der Vielzahl der Anforderungen, welche die Räumlichkeiten erfüllen müssen, ist es derzeit noch zu keiner abschließenden Entscheidung gekommen. Die KV Praxis GmbH prüft die Möglichkeiten und hofft, zeitnah zu einem Ergebnis zu kommen. Ziel ist es, auch in Marzahn-Hellersdorf zeitnah eine KV-Praxis zu eröffnen.“ Galina Münzer findet die Ideen der KV „super“. Sie zweifelt allerdings aufgrund der schwierigen Standortsuche, dass die Idee zur Realität wird.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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