"Anders als die andern"
Kino Babylon zeigt queeren Stummfilm

Countertenor Edson Cordeiro singt mit einer Vier-Oktaven-Stimme Lieder der Zwanziger Jahre. | Foto: Oliver Bieber
  • Countertenor Edson Cordeiro singt mit einer Vier-Oktaven-Stimme Lieder der Zwanziger Jahre.
  • Foto: Oliver Bieber
  • hochgeladen von Ulrike Kiefert

„Anders als die andern“ ist der erste Film über Homosexualität und den Paragrafen 175. Im Jahr 1919 gedreht, kommt der lange verschollene Stummfilm ins Kino. Das Babylon zeigt ihn am 19. Mai.

"Anders als die andern" hat einen besonderen Platz in der deutschen Filmgeschichte und in der Geschichte der LGBTQ-Community. Denn das erste Mal wird hier Homosexualität im Film offen thematisiert. Schauspieler Conradt Veidt, der später als Caligari-Darsteller weltberühmt wird, zeigt in seinem intensivem Spiel den schwulen Paul Körner als liebenden, leidenden Künstler, der von den Konventionen zerstört wird. Der Violinvirtuose wird im Film von dem Stricher Franz Bollek erpresst. Als Körner sich weigert, immer mehr Geld an den Erpresser zu zahlen, zeigt Bollek ihn wegen Verstoßes gegen den Paragrafen 175 an. Der Paragraf stellte sexuelle Handlungen zwischen Männern damals unter Strafe und wurde erst 1994 abgeschafft. In dem folgenden Gerichtsverfahren wird der Stricher wegen Erpressung verurteilt. Körner aber wird ebenfalls verurteilt. Sein Ruf ist ruiniert, und er begeht Selbstmord. Am Ende des Films hält der Arzt und Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld, der sich im Film selbst spielt, einen flammenden Vortrag für die Rechte der Homosexuellen.

Der Streifen entstand in einer kurzen Periode nach dem Ersten Weltkrieg, als es in Deutschland keine Zensur gab. Er war ein großer Publikumserfolg und öffnete einer breiten Masse die Augen für die Ungerechtigkeit des Paragrafen 175. 1920 wurde die Zensur wieder eingeführt, der Film verboten und alle Kopien vernichtet. Ein Filmfragment von 40 Minuten hat überlebt und ist erst vor Kurzem in einem Archiv in Kiew wieder aufgetaucht.

Die restaurierte Fassung zeigt nun das Kino Babylon am 19. Mai. Der Vorhang hebt sich um 19.30 Uhr an der Rosa-Luxemburg-Straße 30. Zum Film spielt das Babylon Orchester Berlin. Im Anschluss singt der weltberühmte brasilianische Countertenor Edson Cordeiro Lieder der 1920er-Jahre. Gleichzeitig eröffnet "Anders als die andern" das elftägige queere Filmfestival im Babylon. Mehr Infos und Tickets auf babylonberlin.eu.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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