Kunstprojekt „Poesie und Alltag“ wirft besonderen Blick auf das Alltägliche

Die Künstlerin Auguste von Blau musste ihr Gedankenbild vom ehemaligen Stettiner Vorortbahnhof vor der anderen Gebäudeseite aufhängen, weil dort, wo das Foto entstanden ist, heute ein Geschäftshaus steht. | Foto: Dirk Jericho
  • Die Künstlerin Auguste von Blau musste ihr Gedankenbild vom ehemaligen Stettiner Vorortbahnhof vor der anderen Gebäudeseite aufhängen, weil dort, wo das Foto entstanden ist, heute ein Geschäftshaus steht.
  • Foto: Dirk Jericho
  • hochgeladen von Dirk Jericho

Mitte. Lyrische Texte unter alten Fotos, die wieder an dem Ort hängen, an dem sie vor Jahren aufgenommen wurden: „Poesie und Alltag“ heißt das Kunstprojekt der Autorin Auguste von Blau und des Fotografen Thomas Klingberg.

Seit vier Jahren ist die denkmalgeschützte Bahnhofshalle des früheren Stettiner Vorortbahnhofs am Nordbahnhof saniert und beherbergt ein schickes Restaurant. Doch auf dem Foto, das gegenüber am Verkehrsschild hängt, ist der Backsteinbau noch Ruine, die Fassaden voll mit Graffiti, die Fenster verrammelt. Wo sich in einer Baugrube Holzstapel türmen und Bagger wühlen, steht längst ein Büro- und Geschäftshaus. Man muss schon genau hinschauen, um zu sehen, dass auf dem gerahmten Foto hier der Bahnhof gegenüber zu sehen ist. Auguste von Blau konnte das Poesie-Foto diesmal auch nicht exakt dort hinhängen, wo es Thomas Klingberg fotografiert hat, sondern auf die andere Seite, weil der Bürobau den sanierten Bahnhof verdeckt.

Blicke zum Stolpern bringen

"Luftzug" hat Auguste von Blau das Gedankenbild genannt. Darunter hat sie ein Gedicht geschrieben; Gedanken, die sie beim Betrachten des Fotos hatte: "In den schlimmen Nächten, wenn alle Farben schlafen, tanzt der Nachtalp mit den Ahnen Sorgen in die Bahnsteigkanten..." fängt es an. Mit der Kunstaktion wollen die beiden „Blicke zum Stolpern bringen“, wie Auguste von Blau sagt. Der Fotograf Thomas Klingberg schickt ihr regelmäßig Fotos aus seinem Archiv mit Alltagszenen. Auguste von Blau weiß nichts zum Hintergrund der Aufnahmen, sieht nur das Foto. Dazu schreibt sie ihre Gedanken, Gedichte, lyrische Texte oder Kurzgeschichten, sucht den passenden Rahmen und hängt das Foto mit ihren Texten dorthin, wo es entstanden ist. „Wir bringen die Kunst zurück an den Ort des Geschehens“, so von Blau. Die Poesie kehre dahin zurück, „wo wir sie her haben“.

Mittlerweile hängen 15 gerahmte Klingberg-Fotos mit von Blau-Lyrik an Laternenmasten, Wänden oder Zäunen in Düsseldorf und Berlin. Oder hingen. Denn manchmal verschwinden sie auch. Vielleicht haben Passanten die Kunstwerke mitgenommen. „Je länger die Bilder hängen und je mehr Leute sie sehen, desto besser“, sagt Auguste von Blau. Thomas Klingenberg fotografiert jetzt auch, wie Passanten vor den alten Fotos mit den neuen Texten stehen. Über die Straßenausstellung soll es am Ende ein Buch geben. DJ

Die ganze Aktion wird auf dem auf dem Blog poesieundalltag.wordpress.com dokumentiert.
Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 67× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 874× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 553× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.050× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.939× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.