Weiter Streit um Gebühren
Bezirksamt besteht auf Zweckentfremdungsabgabe für Frauennotunterkunft

Monika Lüke, Geschäftsführerin der Diakonie Berlin Stadtmitte, wehrt sich weiter gegen den Gebührenbescheid. | Foto: Dirk Jericho
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Das Diakonische Werk Berlin Stadtmitte beklagt, dass das Bezirksamt für das Wohn- und Beratungshaus für Frauen in Not in der Tieckstraße 17 weiterhin auf die Zahlung einer Zweckentfremdungsabgabe besteht. Das Amt verweist auf das Gesetz, will die Abgabe aber halbieren.

Vor zehn Wochen wurde das Haus an der Tieckstraße eröffnet. Die Diakonie, die in dem ehemaligen Pfarr- und Gemeindehaus der Golgatha-Gemeinde möblierte Frauenwohnungen für betreutes Einzelwohnen sowie Appartements zur temporären Unterbringung anbietet, wehrt sich immer noch gegen die Zahlung einer Zweckentfremdungsabgabe.

Zur Eröffnung flatterte dem Sozialprojekt der Gebührenbescheid ins Haus. Die Diakonie soll pro Quadratmeter sechs Euro Zweckentfremdungsabgabe zahlen. Das wären monatlich insgesamt 4000 Euro. „Wenn wir das tatsächlich zahlen müssten, wäre das Wohn- und Beratungshaus für uns als kirchlichen Träger, der nicht gewinnorientiert arbeitet, auf Dauer nicht mehr haltbar“, sagt Monika Lüke, Geschäftsführerin des Diakonischen Werks Berlin Stadtmitte, erneut. Der Bescheid des Bezirksamtes hatte im Februar für mächtigen Unmut gesorgt. Denn das Bezirksamt hatte das Wohnprojekt für obdachlose Frauen bisher ohne Auflagen genehmigt.

Wie Falk Höpfner, Referent der für Zweckentfremdung von Wohnraum zuständigen Stadträtin Ramona Reiser (Linke), sagt, hat das Bezirksamt der Diakonie angeboten, den im aktuellen Bescheid festgelegten Höchstsatz von sechs Euro pro Quadratmeter zu halbieren. Das wären immer noch Kosten von monatlich 2000 Euro für die Diakonie. Um die Abgabe zu finanzieren, könnte die Diakonie die Tagessätze mit dem Sozialamt nachverhandeln, so Höpfner. Das heißt, die Kosten soll das Sozialamt übernehmen. Die Behauptung Lükes,  wonach der Betrieb der Notunterkunft in der Tieckstraße in Gefahr wäre, weist Reiser in einer Stellungnahme zurück. "Der Bezirk hat den Weg zum sicheren und finanzierbaren Betrieb der Einrichtung geebnet", betont die Stadträtin.

Derzeit bekommt die Diakonie vom Sozialamt Tagessätze von rund 30 Euro pro Person. Monika Lüke bestätigt Angebote und Gespräche in diese Richtung „von einem Mitarbeiter im Amt“. Sie weist jedoch den Versuch des Bezirkes von sich und will „nicht wie auf dem Basar verhandeln“. Für sie ist „der Bescheid rechtswidrig und muss aufgehoben werden. Wir zweckentfremden keinen Wohnraum“, sagt die Diakonie-Chefin.

Es lässt sich viel Geld mit Unterkünften verdienen

Hintergrund des Streits ist das im vergangenen Jahr weiter verschärfte Zweckentfremdungsverbotsgesetz. Demnach ist auch die Unterbringung von Obdachlosen oder geflüchteten Menschen zu Tagessätzen eine Zweckentfremdung von Wohnraum, die genehmigt werden muss. Dagegen wehrt sich die Diakonie. „Wir haben schlüssig aufgezeigt, dass aus juristischer Sicht keine Zweckentfremdung vorliegt“, so Monika Lüke. Das Amt kann im Ermessen die Ausgleichszahlungen reduzieren oder ganz darauf verzichten, hatte Stadträtin Ramona Reiser im Februar gesagt. Sollte die geforderte Ausgleichszahlung die Existenz des Trägers gefährden, müsse die Diakonie dies dem Bezirksamt nachweispflichtig belegen, so Reiser. Das hat die Diakonie aufgrund der prinzipiellen Position anscheinend nicht getan.

Das verschärfte Zweckentfremdungsverbotsgesetz hat prinzipiell einen Sinn. Denn mit der Unterbringung zu Tagessätzen lässt sich viel Geld verdienen. Die Verordnung soll davor schützen, dass Geschäftemacher dafür illegal Wohnraum nutzen und hohe Tagessätze kassieren. Sozialstadtrat Ephraim Gothe (SPD) und Sozialstaatssekretär Alexander Fischer (Linke) hatten bei der Eröffnung des Frauenhauses gesagt, dass sie eine Lösung finden werden und die Diakonie von den Ausgleichszahlungen befreien wollen.

„Wir müssen das Gesetz anwenden“, so Falk Höpfner. Er betont, dass die Ausgleichsabgaben zweckgebunden sind und ausschließlich in den Wohnungsbau fließen. „Deshalb bestehen wir darauf“, so Höpfner.

Das Haus an der Tieckstraße 17 gehört der Koepjohann’schen Stiftung, die das Wohngebäude 2014 im Erbbaurechtsvertrag für 99 Jahre von der Evangelischen Kirchengemeinde am Weinberg erworben und 2,9 Millionen Euro in die Sanierung investiert hat. Die Stiftung eröffnet im Sommer im Souterrain auch eine Notunterkunft für bis zu zehn wohnungslose Frauen. Das Diakonische Werk Berlin Stadtmitte ist Mieter der oberen drei Etagen. Die ersten Bewohnerinnen sind gerade eingezogen. „Die Freigabe zur Nutzung des Hauses hat sich verzögert“, so Lüke. Nach Abschluss aller Bauarbeiten wird es 34 Plätze für Frauen geben.

Monika Lüke, Geschäftsführerin der Diakonie Berlin Stadtmitte, wehrt sich weiter gegen den Gebührenbescheid. | Foto: Dirk Jericho
Das neue Wohn- und Beratungshaus für Frauen in Not in der Tieckstraße 17 wurde am 26. Februar eröffnet. Derzeit ziehen die ersten Bewohner ein.

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Dirk Jericho aus Mitte

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