Mehr als 1000 Sanktionen jeden Monat
Jobcenter Mitte kürzt häufiger Hartz-IV

Das Jobcenter kürzt sogenannten erwerbsfähigen Leistungsberechtigten immer öfter den Hartz-IV-Satz. Allerdings sind knapp die Hälfte aller Widersprüche gegen die Streichung erfolgreich.

Wie aus der Antwort von Bürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) auf eine Anfrage des Grünen-Bezirksverordneten Taylan Kurt zum Thema Hartz-IV-Sanktionen hervorgeht, hat das Jobcenter 2018 (bis 30. November) im Durchschnitt monatlich 1246 Sanktionen verhängt. 2016 waren es noch rund 1149 Kürzungen im Monat, 2017 1237. Insgesamt waren 2018 im Jobcenter Mitte 54 754 erwerbsfähige Leistungsberechtigte registriert.

Hauptgrund von Sanktionen war mit 80 Prozent das „Nichterscheinen zu einem Meldetermin im Jobcenter“, wie von Dassel sagt. Der Bürgermeister ist Vorsitzender der Trägerversammlung des Jobcenters Berlin-Mitte. Bei jedem Fünften wurden Zahlungen gekürzt oder gestrichen, weil er sich geweigert hatte, „eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit oder Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit anzutreten oder fortzuführen“, heißt es in dem Bericht.

Wer ohne Entschuldigung nicht zum Meldetermin kommt, bekommt als erstes zehn Prozent des Regelbetrages gekürzt. Der normale Hartz-IV-Satz liegt derzeit bei 424 Euro. Bei Weigerungen, zugewiesene Jobs oder Eingliederungsmaßnahmen anzunehmen, gibt es eine Kürzung um 30 Prozent, bei Wiederholung um 60 Prozent. Beim dritten Mal ist die Stütze weg. Von den Sanktionen sind auch immer mehr Haushalte betroffen, in denen minderjährige Kinder wohnen. Waren es 2016 noch durchschnittlich monatlich 651 Haushalte, sind des 2018 schon 788 Haushalte. Neben dem Hartz-IV-Satz wurden von 2016 bis 30. November 2018 auch insgesamt 1036 Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften die Mietzahlungen (amtsdeutsch: Kosten der Unterkunft) gekürzt.

Dass nicht jede Entscheidung des Jobcenters Bestand hat, zeigen die Widersprüche der Betroffenen. 2016 waren von 819 Widersprüche 349 erfolgreich. Im Jahr 2018 folgten auf die Sanktionen 703 Widersprüche, von denen 303 stattgegeben wurden. „Armut staatlich produziert: Erwerbslose werden durch das #Jobcenter in #Mitte immer öfter sanktioniert“, twittert Taylan Kurt zu den neuen Zahlen. Die Jobcenter müssten „Möglichkeiten finden, um weniger Sanktionen zu verhängen. #Sanktionen gehören abgeschafft!“ so Kurt.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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