Experimentierfreude aus dem Zapfhahn
Seit 23 Jahren braut Oli Lemke am Hackeschen Markt mit viel Leidenschaft Bier
„Die wahrscheinlich schönste Brauerei der Welt“ heißt es auf der Internetseite der Brauerei Lemke zur urigen Kulisse. In elf S-Bahn-Bögen hinter mit Graffiti beschmierten Toren produzieren die Brauer 4500 Hektoliter Bier im Jahr.
Oben rumpeln die Züge, unten in den historischen Markthallenbögen dampft und brodelt es. Das Team von Oli Lemke kreiert in der Brauerei 24 Sorten – vom Pils bis zum im Holzfass gereiften Imperial Stout. In elf Bahnbögen duftet es aus riesigen Kesseln, reifen köstliche Sorten in Fässern und werden in Flaschen abgefüllt. Was 1999 mit dem Brauhaus Lemke begann, ist heute ein mittelständischer Handwerksbetrieb mit 100 Angestellten und Millionenumsätzen. Die Kreationen kann man im Stammhaus „Das Lemke“ am Hackeschen Markt, in der „Biermeisterei“, in der „Tiergartenquelle“ und im „Lemke am Schloss“ in Charlottenburg, aber auch in 100 weiteren Berliner Kneipen trinken und in über 200 Berliner Supermärkten als Flasche kaufen.
„Wir sind ein echter regionaler Handwerksbetrieb“, sagt Gründer Oli Lemke. Ihn ärgert es, wenn Großinvestoren „seelenlose“ Marken in den Markt pressen. Die Biere werden oft als Auftragsproduktion in irgendwelchen Brauereien in Deutschland gebraut. „Wenn es die kleinen Handwerksbetriebe nicht mehr gibt, stirbt die Vielfalt“, so der 55-Jährige. Die Großkonzerne würden immer nur das produzieren, was das meiste Geld bringe.
"Wir waren mit die ersten in Deutschland"
Lemke hat seine erste Brauerei vor 23 Jahren noch selbst zusammengeschweißt und die S-Bahnbögen mit Kumpeln ausgebaut. „Wir wollten einfach nur tolle Biere machen und verkaufen“, sagt der Brauereiingenieur. Er war mit seinen regionalen handwerklichen Produkten schon damals Craft-Brauer, wie die Brauereibewegung aus den USA heißt. „Wir waren mit die ersten in Deutschland“, so Oli Lemke. Craft-Biere werden nicht als Massenabfüllungen produziert. „Craft bedeutet vor allem Experimentierfreudigkeit“, sagt Lemke. Kleine Familienbrauereien, die seit zehn Generationen immer die gleichen zwei Biere machen, sind nach diesen Kriterien keine Craft-Bierbrauer.
„Wir hatten schon immer den Ansatz, neue Biere zu entwickeln und eine Vielfalt zu bieten“, sagt Oli Lemke. Anfangs waren die Gäste im Lemke manchmal überfordert, wenn jede Woche andere Kreationen ausgeschenkt wurden. Oli Lemke ließ deshalb drei Biersorten dauerhaft am Hahn und einen reservierte er für Experimente. Heute gibt es zwölf feste Biersorten zum Zapfen und immer wieder auch einen Hahn für neue Ideen. Unter dem Logo „Beer Machine“ entwickeln die Lemke-Brauer neuerdings immer wieder neue Biere mit unbekannten Stilen oder abgefahrenen Stilmischungen. Die gibt es in limitierten Kleinstserien und nur ein einziges Mal. Aktuell kann man „3 Barrels“ kaufen. Bei Redaktionsschluss waren nur noch 283 Dosen dieses „Imperial Stout mit karibischer Seele“ vorhanden. Die Kreation wurde zwölf Monate lang in Rumfässern gelagert.
Mehr über die Brauerei ist im Internet unter lemke.berlin zu erfahren.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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