100 Jahre Groß-Berlin
Vergessenes Handwerk: Klassiker, die vom technischen Fortschritt verdrängt wurden

Zünftige Gesellen gingen nach Abschluss ihrer Lehrzeit auf Wanderschaft. Sie sollten so neue Arbeitspraktiken erlernen und Lebenserfahrung sammeln. Seit dem Spätmittelalter bis zum Beginn der Industrialisierung war die Walz eine der Voraussetzungen für die Zulassung zur Meisterprüfung. | Foto: Blickfang, AdobeStock
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  • Zünftige Gesellen gingen nach Abschluss ihrer Lehrzeit auf Wanderschaft. Sie sollten so neue Arbeitspraktiken erlernen und Lebenserfahrung sammeln. Seit dem Spätmittelalter bis zum Beginn der Industrialisierung war die Walz eine der Voraussetzungen für die Zulassung zur Meisterprüfung.
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Handwerksberufe wie Dachdecker, Maler und Tischler haben sich bis in die heutige Zeit gehalten. Doch durch den technischen Fortschritt und die Digitalisierung haben sich viele Handwerksberufe stetig verändert oder sind ganz verschwunden. Einige sollen hier in aller Kürze in Erinnerung gebracht werden.

Der Küfer, auch als Böttcher oder Fassbinder bekannt, stellt Kübel, Eimer, Fässer und Zuber her. Die Arbeiten wurden bereits im 1. Jahrhundert vor Christus in Gallien ausgeführt. Wichtige Lieferanten waren der Daubenhauer, der die Holzbretter zuschnitt, und der Reifschneider, der die Fassreife auf Maß anfertigte. Heute werden meist moderne Maschinen eingesetzt, um Nischenprodukte wie Holzbadewannen oder Saunatauchbecken herzustellen.

Der Blaudrucker bringt mit einem speziellen Färbeverfahren weiße Muster auf Leinen- oder Baumwollstoffe auf. Der Blaudruck wird seit 1640 angewandt. Mit der Industrialisierung verdrängte der Walzendruck die meisten Blaudruckwerkstätten.

Der Schriftgießer verwendete vorrangig Blei, um die Lettern für den Handsatz im Buch- und Zeitungsdruck zu gießen. Die Technik wurde schon in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts angewandt und stetig weiterentwickelt. Der Schriftsetzer wurde Mitte des 20. Jahrhunderts vom Maschinensatz verdrängt. Heute arbeiten die meisten Druckereien ausnahmslos mit digitaler Technologie.

Der Lithograf stellte Steinzeichnungen, die zu druckenden Schriften und Bilder, auf einen Lithografiestein handwerklich und seitenverkehrt her. Im 19. Jahrhundert war es das einzige Druckverfahren, mit dem farbige Drucksachen in größerer Auflage möglich waren. Die Arbeit wurde vom Offsetdruck verdrängt.

Der Gerber verarbeitete Tierhäute mit zum Teil stark giftigen Chemikalien in Leder. Das grundlegende Verfahren wurde schon in der Antike mit gerbstoffhaltigen Pflanzen und Alaun praktiziert. Bereits mit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden erste Dampfmaschinen für diese Arbeit eingesetzt und weiterentwickelt. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wird chromgegerbtes Leder industriell hergestellt.

Der Sattler gehört zu den lederverarbeitenden Handwerkern und stellte früher vorrangig Pferdesattel, Zaumzeug und Geschirre her. Mit Beginn der Automobilisierung kommt seine Arbeit vor allem in der Innenausstattung von Fahrzeugen, etwa bei den Sitzen, zur Geltung.

Der Wagner baute jahrhundertelang die Karosserien von Kutschen. Der Handwerksberuf war eng mit dem Radmacher verbunden. Mit der Industrialisierung wurde sein Wissen für den Bau von Eisenbahnwaggons genutzt. Das Handwerk selbst geriet dann schnell in Vergessenheit.

Der Drehorgelbauer baute seit Beginn des 18. Jahrhunderts die Leierkästen, mit denen die Straßenmusikanten auch durch Berlin zogen und damit ihr Zubrot verdienten.

Der Glasbläser saß lange Zeit vor einer Öllampe, die zwischenzeitlich von einem Gasbrenner ersetzt wurde, und formte mit seiner Atemluft Glasröhren und Glasstäbe zu Gebrauchs- und Dekorationsgegenstände. Durch die Industrialisierung wurde dieses Handwerk stark verdrängt. RR

Zünftige Gesellen gingen nach Abschluss ihrer Lehrzeit auf Wanderschaft. Sie sollten so neue Arbeitspraktiken erlernen und Lebenserfahrung sammeln. Seit dem Spätmittelalter bis zum Beginn der Industrialisierung war die Walz eine der Voraussetzungen für die Zulassung zur Meisterprüfung. | Foto: Blickfang, AdobeStock
Köhler lebten meist zurückgezogen in Wäldern. Seit dem Mittelalter verschwelten sie dort Holz in speziellen Öfen, den Kohlemeilern, zu Holzkohle. | Foto: Stihl024, AdobeStock
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