Das A und O ist und bleibt die Sprache
Gut jeder vierte Flüchtling hat Arbeit – zum Beispiel bei „Moll Marzipan“

Betriebsleiter Marcus Butt (Mitte) mit Azubi Faridullah Zazai (links) und Ahmed Majeed. | Foto: Schilp
  • Betriebsleiter Marcus Butt (Mitte) mit Azubi Faridullah Zazai (links) und Ahmed Majeed.
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mailto: Berlin-Sued.AG-BeratungsAsylsuchende@arbeitsagentur.deMehr als 10 000 Flüchtlinge aus nicht-europäischen Ländern, die in Berlin leben, haben inzwischen einen sozialversicherungspflichtigen Job. Das wurde kürzlich bei einer Pressekonferenz der Arbeitsagentur mitgeteilt. Gastgeber war „Moll Marzipan“, Ballinstraße 12. Nicht ohne Grund: Das Unternehmen hat fünf junge Asylsuchende eingestellt.

Einer von ihnen ist Ahmed Majeed. Der 31-jährige Iraker ist seit über einem Jahr bei der Firma. In der Heimat hat er Fashion-Design studiert, hier steht er an der Kandiermaschine. „Er hat mit einfachen Dingen angefangen, inzwischen kommt er gut mit schwierigeren Aufgaben klar“, sagt Betriebsleiter Marcus Butt. Majeed gefällt es. Er verdient deutlich über dem Mindestlohn, hat eine Wohnung in Hellersdorf gefunden und will auf jeden Fall weiter in Neukölln arbeiten.

Sein Kollege Faridullah Zazai macht eine Ausbildung zur Fachkraft für Lebensmitteltechnologie. Der 24-Jährige spricht recht gut Deutsch sowie sechs weitere Sprachen und hat schon oft gedolmetscht. Trotzdem braucht er viel Unterstützung in der Berufsschule, denn lesen und schreiben kann er erst seit Kurzem. Nein, in Afghanistan sei er überhaupt nicht zur Schule gegangen, erzählt er offenherzig, obwohl es durchaus Gebildete in seiner Familie gebe. Keine Ausnahme: In Zazais Herkunftsland liegt die Analphabetenrate bei über 60 Prozent.

Moll-Geschäftsführer Armin Seitz, der insgesamt 90 Mitarbeiter beschäftigt, ist mit seinen neuen Mitarbeitern zufrieden. Ihm sei völlig egal, woher jemand komme, Hauptsache er sei motiviert und zuverlässig. „Auch wir als einer der größten Marzipanhersteller der Welt haben zurzeit Schwierigkeiten, Leute zu finden“, sagt er. Die Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur sei gut gewesen, und er hofft, dass viele Arbeitgeber seinem Beispiel folgen und Flüchtlingen Praktika, Probearbeit, Ausbildungen und feste Stellen anbieten.

Bernd Becking, Leiter der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Arbeitsagentur, erklärt, wie sich die Lage in Berlin entwickelt hat. Im Sommer 2015 – vor Beginn der großen Fluchtwelle - seien gut 3000 Menschen aus den acht Haupt-Herkunftsländern Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien bereits in Lohn und Brot gewesen. Seitdem seien knapp 7000 dazugekommen. Besonders viele arbeiten im Gastgewerbe, bei Dienstleistern wie Wachdiensten und Gebäudebetreuern oder im Handel. Rund 28 000 weitere Geflüchtete kämen grundsätzlich für den Berliner Arbeitsmarkt infrage, 18 000 von ihnen befänden sich zurzeit in Sprach- und Qualifizierungsmaßnahmen.

In einem Punkt sind sich alle einig: Mehr Flüchtlinge sollten zu Fachkräften ausgebildet werden. Elke Breitenbach (Linke), Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, nennt Hindernisgründe: „Der Druck, schnell Geld zu verdienen, ist bei den Menschen oft sehr hoch. Viele müssen Familienmitglieder versorgen, die irgendwo in Lagern leben.“ Das Interesse an einer dualen Ausbildung sei dementsprechend gering, manchmal auch deshalb, weil sie schlicht unbekannt sei. Es gelte, den Informationsfluss zu verbessern, Bürokratie und Vorbehalte bei Unternehmen abzubauen. So wüssten beispielweise etliche nicht, dass in Berlin während eines Praktikums keine Abschiebung droht.

„Die Integration ist eine Mammut-Aufgabe. Wir stehen immer noch am Anfang“, sagt Alexander Schirp, Geschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg. Das A und O seien gute Sprachkenntnisse der Flüchtlinge.

Wie Senatorin Breitenbach hält er spezielle Kurse, in denen auch Fachbegriffe vermittelt werden, für unabdingbar. Die sollten aber direkt in der Berufsschule stattfinden, damit die Azubis nicht noch mehr Wege hätten. „Ich höre immer wieder in den Betrieben: Das Praktische klappt gut. Aber am Ende steht eben die Berufsschulprüfung“, sagt Alexander Schirp.

Inzwischen habe man recht positive Erfahrungen mit „Einstiegsqualifzierungen“ als Vorbereitung für eine Ausbildung in der Metall- und Elektroindustrie gemacht. „Von 71 Absolventen haben 50 eine Lehrstelle bekommen“, sagt Schirp. Auch das Instrument der „Teilqualifizierung“ – ein Ausbildungsberuf wird in mehrere Module aufgeteilt – funktioniere zufriedenstellend.

Arbeitgeber, die mehr wissen wollen, erhalten Informationen – auch über rechtliche Fragen und staatliche Zuschüsse – bei dem auf Flüchtlinge spezialisierten Arbeitgeberservice. Kontakt unter Telefon 55 55 77 77 55 und per E-Mail: Berlin-Sued.AG-BeratungsAsylsuchende@arbeitsagentur.de

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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