Wenn die Urne mit der Harley kommt
„Ab unter die Erde“ bietet kreative Möglichkeiten des Abschieds

Maria Kauffmann gründete gemeinsam mit Robert Freitag das Start up „Ab unter die Erde“. | Foto: Bernd Wähner
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Die Urne kommt auf einem Bike zur Beisetzung, nach der Beerdigung steigt eine Strandparty oder aus einem Heißluftballon heraus erfolgt eine Luftbestattung: Nichts ist unmöglich.

Doch die meisten Bestattungshäuser setzen in der Regel auf konventionelle Beisetzungen mit Sarg oder Urne auf einem Friedhof. Oft haben kreative Menschen oder jene mit einem „abgefahrenen“ Lebenslauf aber ganz andere Wünsche, wie sie ihren letzten Weg vollenden möchten. Ihnen steht das Pankower Start-up „Ab unter die Erde“ zu Seite.

"Tanzt auf meinem Grab"

Die Idee für „Ab unter die Erde“ entstand im Familien- und Freundeskreis von Maria Kauffmann. Ihr Vater starb vor Beginn der Pandemie mit 84 Jahren, und wenig später folgte ihm überraschend ihr Neffe mit nur 36 Jahren. „Das mussten wir erst einmal in der Familie verarbeiten“, sagt die Gründerin. „Mein Neffe sagte, bevor er starb: 'Tanzt auf meinem Grab." Wir wussten, dass das nicht geht. Aber wir sagten uns: Bestattung muss doch auch anders gehen, als man es kennt.“ Als Maria Kauffmann mit Familienmitgliedern und Freunden zusammen saß, sagte jemand: „Es geht doch vor allem um das Ab unter die Erde“. „Und damit hatten wir den Namen für unser Start-up“, erinnert sich Maria Kauffmann.

Das gründete sie 2020 gemeinsam mit Robert Freitag. Und dann begann die Corona-Pandemie. So geriet das Vorhaben zunächst etwas ins Stocken. Doch dann suchten sie Studenten, die ihnen beim Aufbau von „Ab unter die Erde“ helfen sollten. „Die jungen Leute machten bei uns die wohl bisher größte Erfahrung ihres Leben“, berichtet die Gründerin. „Sie recherchierten dazu, was alles an Bestattungen möglich ist. Sie telefonierten, schrieben Behörden an und suchten für uns Kooperationspartner.“

Der Tod wird ernst genommen

Wichtig war Maria Kauffmann und Robert Freitag, dass trotz aller Individualität bei jeder Bestattung der Tod sehr ernst genommen wird und alle Emotionen zugelassen werden. „Unser Ansatz ist aber, dass wir den Verstorbenen noch mal so zeigen wollen, wie er in seinem Leben war“, sagt Maria Kauffmann. „Häufig kennt man ihn ja nur in seiner letzten Rolle, oft als alter oder kranker Mensch. Doch jeder Mensch hat im Laufe seines Lebens unterschiedliche Rollen gehabt. Und die Erinnerung an diese Rollen, an dieses Leben möchten wir mit unseren Bestattungen noch einmal den Hinterbliebenen bewusst machen.“

Besonders in Erinnerung blieb zum Beispiel die Beisetzung einer Bikerin. Ihr Wunsch war es, in ihrer Lederkutte eingeäschert zu werden. Und weil es immer ihr Wunsch war, eine Harley Davidson zu fahren, ist ihre Urne auf einer Harley von ihren Biker-Freunden zur Beisetzung gefahren worden.

Ebenso kreativ wurde die Bestattung eines passionierten Tischtennisspielers. Nach der Beisetzung auf einem Waldfriedhof fuhr die Trauergemeinde ans Ufer der Elbe bei Dresden, wo dann ausgiebig Tischtennis gespielt wurde. „So ein Abschied ist zwar traurig, aber mit einem gemeinsamen Erlebnis kann er auch tröstend gestaltet werden“, sagt Maria Kauffmann.

"Abschiedsbar" für Trauernde

Das Start-up organisiert nicht nur Bestattungen. In seinen Räumen an der Florastraße 4 können sich auch Trauernde an jedem 1. und 3. Donnerstag im Monat ab 19 Uhr in der „Abschiedsbar“ treffen, um mit anderen über ähnliche Erfahrungen zu sprechen. Außerdem öffnet sich die Tür von „Ab unter die Erde“ auch für Schüler und Konfirmanden-Gruppen, wenn sich diese im Unterricht mit Leben und Tod auseinandersetzen. Und zu Halloween sind unter dem Motto „dem Tod anders begegnen“ auch Kinder willkommen, die sich hier dann ein bisschen gruseln können, aber auch angstfrei Fragen stellen dürfen.

Näheres zu diesem etwas anderen Start-up ist auf www.ab-unter-die-erde.de zu erfahren.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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