Vom Autor zum Eigentümer
Arnt Cobbers hat vor einem Jahr den Jaron Verlag gekauft
Vor einem Jahr hat Arnt Cobbers den Jaron Verlag übernommen, in dem seit 1996 Bücher über Berlin erscheinen. Eine echte Herausforderung, denn die Zeiten sind hart für das Geschäft mit dem Lesestoff. Doch Cobbers liebt seine neue Aufgabe und hat einiges vor.
Der promovierte Kunstgeschichtler kannte Norbert Jaron bereits, als der seinen Verlag gründete. Von Anfang an war er als Autor dabei und hat unter anderem Museums-, Jazz- und Berlinführer geschrieben. Doch mit der Pandemie geriet das kleine Unternehmen in ernste Schwierigkeiten. Und das, obwohl die Menschen in dieser Zeit häufiger als gewohnt zum Buch griffen. „Fast allen Verlagen ging es gut, uns nicht“, so Cobbers. Einleuchtender Grund: Die Touristen blieben aus, die Berlin-Titel lagen wie Blei in den Regalen.
Viel unbekanntes Terrain
Als Arnt Cobbers erfuhr, dass Norbert Jaron aufgeben wollte, war er entsetzt. Nach einiger Überlegung stand sein Entschluss fest: Er würde übernehmen. Er kaufte den Verlag und verlagerte den Sitz in die Erdmannstraße, in sein altes Journalistenbüro. Seine neue Aufgabe begeisterte ihn von Anfang an. „Es macht großen Spaß, Kontakt zu den Autoren zu knüpfen, sie zu betreuen, ein Programm zu entwickeln.“ Zum Verleger gehört jedoch mehr. Er muss kalkulieren können und technisches Knowhow haben. Auch Kenntnisse in Sachen Vertrieb sind gefragt, ein bis dato unbekanntes Terrain für Cobbers.
Er packte es an. 13 neue Bücher sind in seinem ersten Jahr erschienen. Das ist viel, besonders angesichts eines nur dreiköpfigen Teams. Doch es gibt viele Fallstricke. „Die Papierpreise sind gestiegen, die Produktionskosten haben sich verdoppelt“, so Cobbers. Momentan gehe es der gesamten Branche sehr schlecht, wohin er auch schaue. Nimmt die Krise – Krieg in der Ukraine, Inflation, Zukunftsangst – den Menschen die Lust am Lesen? Oder haben sie sich in Zeiten des Lockdowns mit so viel Literatur eingedeckt, dass sie noch davon zehren? Cobbers ist sich nicht sicher. Erschwerend komme hinzu, dass im Buchgeschäft ein „eigentlich absurdes System“ herrsche. „Der Verlag trägt als Einziger das volle Risiko.“ Werden nämlich die Buchhandlungen die eingekauften Neuerscheinungen nicht los, können sie sie mit nur zehn Prozent Verlust zurückgeben. Der Verlag bleibt schlimmstenfalls auf den Titeln sitzen.
Vergessene Romane aufgelegt
Doch Arnt Cobbers trotzt den Widrigkeiten. Reine Touristenführer lohnten nur bei hohen Auflagen, in Zeiten des Internets sei aber die Nachfrage gesunken. Deshalb will er stärker hin zum Literarischen. So hat er die Reihe „Die Berlin-Bibliothek“ ins Leben gerufen, in der er vergessene Romane auflegt. Der erste, den er in einem Antiquariat entdeckte, war „Frau Hempels Tochter“, ein Bestseller aus den 1910er-Jahren von Alice Berend. Er erzählt vom Aufstieg einer Berliner Hauswartsfamilie. Ein Stück authentische Sozialgeschichte aus dem Kaiserreich, unterhaltsam obendrein.
Weitere Bände der Berlin-Bibliothek sind bereits erschienen, darunter ein Krimi aus dem Berlin 1932. Stolz ist Cobbers auch auf Axel Eggebrechts „Volk ans Gewehr“, das im Frühjahr veröffentlicht wird. „Eine fiktive Erzählung aus den 1930er-Jahren, vermischt mit der Analyse des Aufstiegs der Nazis. Da versteht man, warum das damals passiert ist, ein tolles Buch“, sagt er. Auch abgesehen von der neuen Reihe will er sein Augenmerk stärker auf Werke legen, die unterschiedliche Blicke auf die Stadt werfen. „Was haben hier für Leute gelebt und welche leben hier? Das interessiert mich, auch als Historiker. Da möchte ich mehr machen.“ Wer gut schreiben kann und interessante Geschichten zu erzählen hat, dürfe sich übrigens gerne bei ihm melden.
333 Gründe für Berlin in einem Buch
Einiges wird aber auch so weiterlaufen wie bisher. Der zweite Teil der „Berlin Geschichte“, von der Reichsgründung bis heute, ist gerade erschienen. Und auch die „Kappe-Krimis“, die älteste Berlin-Krimi-Reihe, wird demnächst mit dem 37. Band fortgesetzt. Zudem hat Arnt Cobbers sich einen Wunsch erfüllt und „Da kiekste!“ veröffentlicht. Darin hat er 333 Gründe zusammengetragen, warum Berlin einmalig ist. Die Palette reicht vom ersten Kondom ohne Naht, das hier entwickelt wurde, bis zum bei seiner Gründung 1928 größten kommunalen Unternehmen der Welt, der BVG.
Weitere Informationen unter www.jaron-verlag.de
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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