DLRG-Bezirksverband Schöneberg feiert sein 70-jähriges Bestehen

„Wir sind stolz, ein Teil der größten Wasserrettungsorganisation der Welt zu sein“, sagt Thomas Schüler (Mitte). | Foto: Sabine Kalkus
  • „Wir sind stolz, ein Teil der größten Wasserrettungsorganisation der Welt zu sein“, sagt Thomas Schüler (Mitte).
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Schöneberg. Die Augen sind fest auf die Havel gerichtet, das Funkgerät liegt in Greifnähe. Thomas Schüler und die Einsatzkräfte der DLRG Schöneberg hoffen, dass sie auch heute nicht vom Alarmruf „Person im Wasser“ Gebrauch machen müssen.

Thomas Schüler ist einer von Tausenden ehrenamtlichen Helfern, die jetzt an Badeseen oder an der Küste aufpassen, um im Ernstfall Leben zu retten. 773 Menschen haben die Rettungsschwimmer der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) im vergangenen Jahr vor dem Ertrinken gerettet. Das sind 87 Personen mehr als im Vorjahr.

An der Havel-Badestelle Kuhhorn und Schildhorn sind es DLRG-Mitglieder aus Schöneberg, die ihre Freizeit dafür einsetzen. Zum Glück ist es hier bislang ruhig geblieben. „Ein paar Segler, deren Boote umkippten, Erste-Hilfe-Leistungen oder mal ein Hitzschlag – wir können froh sein, dass keiner ernstlich in Gefahr war“, sagt Thomas Schüler. In erster Linie kümmert er sich um die Öffentlichkeitsarbeit des 1300 Mitglieder starken Bezirksverbandes.

„In Berlin können zu viele Kinder nicht schwimmen", erklärt Schüler. In einigen Bezirken kann der Schwimmunterricht nicht angeboten werden, weil Bäder fehlen. Jeder zweite Schüler der 4. Klasse ist kein sicherer Schwimmer mehr. Werden in Zukunft wieder Menschen ertrinken, wenn sich eine Katastrophe ereignet, wie am 28. Juli 1912 in Binz? An diesem Tag verloren 16 Menschen in der Ostsee ihr Leben, als Teile der Seebrücke einstürzten. Damals konnten die wenigsten Menschen schwimmen und niemand konnte den Ertrinkenden helfen. Ein Jahr später wurde die DLRG gegründet, 1950 der Bezirksverband in Schöneberg.

Schöneberg gehört zu den größten Bezirksverbänden in Berlin. Thomas Schüler ist schon seit 1971 dabei. Angefangen hat er nicht anders als Julian Lindemann. Der Student hat heute ebenfalls in Kuhhorn Dienst. „Ich habe einen Sport gesucht, der Spaß macht und sinnvoll ist“, sagt der 20-Jährige. Als Kind hatte er Schwimmunterricht in der Halle am Sachsendamm. Dort üben Woche für Woche weitere DLRG-Mitglieder ihr Ehrenamt aus. Sie helfen den ganz Kleinen, ihr erstes Schwimmabzeichen, das „Seepferdchen“, zu erlangen.

Und manchmal finden sie praktische Lösungen für ungewöhnliche Herausforderungen. „Viele muslimische Mütter bringen uns ihre Kinder zum Schwimmunterricht und können selbst nicht schwimmen“, sagt Thomas Schüler. „Für diese Frauen ist der Besuch eines öffentlichen Schwimmbades auf Grund ihrer Glaubensregeln nicht denkbar." Um ihnen trotzdem Unterricht zu ermöglichen, haben Lebensretter aus Schöneberg eine Schwimmhalle gefunden, die von außen nicht einsehbar ist. Dort lernen die Frauen unter Anleitung von DLRG-Ausbilderinnnen nun ebenfalls schwimmen.

Alles geschieht ehrenamtlich. Es gibt keinen Cent. Ganz im Gegenteil. Die Mitglieder der DLRG finanzieren ihre Arbeit zum größten Teil selbst. „Ohne die Mitgliedsbeiträge würde unsere Arbeit nicht zu stemmen sein“, erklärt Thomas Schüler. Die zwei Rettungsboote mussten für je 26 000 Euro gekauft werden. Pro Wasserrettungsstation werden in der Saison rund 3500 Euro fällig und die Ausrüstung eines Tauchers muss mit rund 2000 Euro veranschlagt werden. „Da sind wir einfach auf Spenden angewiesen“, sagt Thomas Schüler. Oder auf Mitglieder, die den Verein mit einer Jahresmitgliedschaft von 60 Euro (Familien 120 Euro) unterstützen. Wenn sich die Besatzung der Wasserrettungsstelle Kuhhorn etwas wünschen könnte, was wäre das? „Einen Steg.“ Die Antwort kommt wie aus einem Mund. „Um das schöne neue Boot an Land zu vertäuen, müssen wir es am Ufersand aufsetzen, das schadet ihm einfach.“

Ansonsten macht die bunte Truppe aus jungen und älteren Mitgliedern einen zufriedenen Eindruck. Das Wasser ist weiter ruhig, das Funkgerät teilt lediglich ein paar Meldungen von den DLRG-Freunden der Nachbarbadestelle Schildhorn mit. Thomas Schüler holt Kaffee für die Mannschaft.

Dass die DLRG Schöneberg auch zu feiern versteht, beweist sie bei ihrer Jubiläumsparty am 29. August im Priesterweg 4. „Wäre doch schön, wenn noch ein paar Interessenten an diesem Tag vorbeikommen“, sagt Thomas Schüler. sabka

Weitere Informationen gibt es auf www.schoeneberg.dlrg.de.

Autor:

Sab Ka aus Pankow

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