Geduldig und sorgfältig messen
Für Luftreinhaltung Tempo 30 in der Potsdamer und bald in der Hauptstraße

Nach der Leipziger Straße gilt seit Kurzem in der Potsdamer Straße und demnächst in der Hauptstraße Tempo 30. Politiker und Experten sprachen im Rathaus Schöneberg über den Modellversuch des Senats.

Das Land Berlin muss auf Druck der EU-Kommission und nach einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) handeln. Der Jahresmittelwert von Stickstoffdioxid wird überschritten. Das Gas gilt als gesundheitsgefährdend. Auf 62 Kilometern Straße – von 5400 Kilomtern insgesamt in Berlin – werde der Grenzwert „dramatisch“ überschritten, sagt Martin Lutz. Er ist in der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz für die Qualität der Berliner Luft zuständig.

In Schöneberg seien 41 Prozent der Straßen belastet, so Verkehrsstadträtin Christiane Heiß (Grüne). Es treffe vor allem sozial Schwache im Viertel. Sie lebten an den Hauptverkehrsstraßen.

Tempo 30 sei ein Instrument zur Luftreinhaltung, so Verkehrsstaatssekretär Jens-Holger Kirchner (Grüne). Auf den Teststrecken solle nun „sorgfältig und geduldig“ gemessen werden, ob und wie die Geschwindigkeitsbeschränkung wirke. In der Steglitzer Schildhornstraße zeige Tempo 30 Wirkung: sieben Mikrogramm NO₂ weniger als zuvor. „Es darf aber nicht unterstellt werden, dass Tempo 30 in jeder Straße wirkt“, sagt Martin Lutz. Deshalb die Pilotstrecken. Frühestens in einem halben Jahr könne mit ersten verlässlichen Ergebnissen gerechnet werden. Insgesamt läuft der Modellversuch ein Jahr.

Den Schuldigen an den Grenzwertüberschreitungen kennen Kirchner, Lutz und die DUH-Bereichsleiterin Verkehr und Luftreinhaltung, Dorothee Saar, auch: Es sind die Dieselfahrzeuge. Sie seien zu 85 Prozent für den Stickstoffdioxidausstoß verantwortlich, sagte Dorothee Saar.

Vielleicht ist Tempo 30 also ein probates Mittel, die NO₂-Belastung unter die seit 2010 geltenden Luftqualitätsgrenzwerte zu drücken. Dann werde die Geschwindigkeitsbeschränkung auf den Testabschnitten dauerhaft eingeführt, so Staatssekretär Kirchner, „Das hängt von den Messungen und vom politischen Willen ab.“ Doch rechnen die Politiker und Experten, so der Eindruck nach der Veranstaltung im Rathaus Schöneberg, mit Fahrverboten für Dieselfahrzeuge – und wünschen diese auch teilweise.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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