„Die Nerven liegen blank“
Leiterin des Hochbauservice im Bezirksamt zeichnet ein frustrierendes Lagebild ihrer Abteilung

Das Rathaus Spandau ist immer wieder eine Baustelle des Facility Managements. | Foto:  Thomas Frey
2Bilder
  • Das Rathaus Spandau ist immer wieder eine Baustelle des Facility Managements.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Die Lage im Bereich Hochbau des Bezirksamtes, neudeutsch Facility Management, ist Ernst. "Alle sind überlastet, die Nerven liegen blank". Mit diesem Eingeständnis brachte Amtsleiterin Martina Häusler die Situation im zuständigen BVV-Ausschuss am 12. Mai auf den Punkt.

Der Fachbereich verantwortet so ziemlich alle Bauvorhaben an öffentlichen Gebäuden wie am Rathaus, Freizeitstätten, Schulen und Kitas. Von 79 Stellen sind aber 15 seit eineinhalb Jahren nicht besetzt. Dies liege auch an der Fluktuation. Wenn ein neuer Mitarbeiter eingestellt werde, verließe wieder ein anderer den Bereich. Dabei dürfte der Hochbauservice seinen Personalbestand sogar auf bis zu 84 Beschäftigte ausweiten.

Öffentlicher Dienst als Arbeitgeber unattraktiv

In vielen Abteilungen der Verwaltung gibt es zwar das Problem, Stellen zu besetzen. Doch beim Hochbauservice wie der Stadtentwicklung oder dem Straßen- und Grünflächenamt ist die Situation besonders dramatisch. Um Bauingenieure, Architekten, auch sogenannte Bauläufer, etwa Poliere buhlt auch die freie Wirtschaft und zahlt in der Regel besser. Zudem konkurriert das Bezirksamt im Bereich des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber in Berlin noch mit den Senatsverwaltungen und den Verwaltungen des Bundes.

Auch die Aussicht auf weniger Stress animiere zum Jobwechsel, erklärte Martina Häusler. Im Bundesbauministerium wäre ein Bauleiter manchmal nur für eine Baustelle verantwortlich. In ihrem Bereich müsste er manchmal zehn große Bauvorhaben betreuen.

Wer für zehn Bauprojekte verantwortlich ist, kann sich kaum zeitgleich um alle gleich und durchgehend kümmern. Hinzu kommen oft schwierige und langwierige Vergabeverfahren und Firmen, die nicht immer Zuverlässigkeit garantieren. Sei es, weil sie selbst unter Mitarbeitermangel leiden, sei es, weil lukrativere Aufträge vorgezogen werden. Manchmal verschwinden Auftragnehmer auch vom Markt, das Baulos muss neu ausgeschrieben werden. Bei manchen Ausschreibungen findet sich erst im zweiten oder dritten Anlauf ein Bewerber.

Ein privater Bauherr könne ganz andere Vorgaben machen, "wir können vor allem abmahnen, abmahnen, abmahnen", resümierte Martina Häusler. Verfahren und Rechtsstreitigkeiten binden wiederum weitere Kapazitäten im Amt. Häufig verlängern sie die Bauzeit. Und fast immer wird es teurer, als ursprünglich geplant, weil die Baupreise gerade aktuell eplodieren. Für ein Angebot, das an einem Tag abgegeben werde, könne schon einen Tag später ein Aufschlag erhoben werden, machte Martina Häusler deutlich. Für manche Materialien würden bis zu acht Mal höhere Summen verlangt als noch vor einigen Wochen. Eine einigermaßen seriöse Kostenplanung sei kaum noch möglich.

Die Kostensteigerungen bedeuten den bisherigen Höhepunkt einer Krisensituation, die durch die Corona-Pandemie nochmals verschärft wurde, erinnert die Fachbereichsleiterin. Firmen beklagten Ausfälle wegen der Quarantäne der Mitarbeiter. Zudem könnten sie zum Teil aufgrund von Lieferengpässen Aufträge nicht abarbeiten. Diese pandemiebedingte Lage habe sich seit dem Krieg in der Ukraine noch einmal verschärft.

"Wie können wir Ihnen helfen?", war eine Frage die Ausschussmitglieder an Martina Häusler. "Wenn Sie Architekten oder Bauingenieure kennen, schicken sie diese zu uns. Wir haben freie Stellen", war ihre lakonische Antwort. Doch dafür müsste sich erst einmal am Verdienst etwas ändern. Aber darüber entscheidet nicht die Bezirksverordntenversammlung Spandau.

Das Rathaus Spandau ist immer wieder eine Baustelle des Facility Managements. | Foto:  Thomas Frey
Auch beim Umbau des Musikschulgebäudes in der Moritzstraße ist der Hochbauservice involviert.  | Foto: Thomas Frey
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn Sie Ihren eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben, erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wir informieren Sie
Patientenverfügung und Vorsorge

Wer denkt schon gerne an einen Unfall oder sein Ableben? Doch wenn der Notfall eintritt, stehen unsere Angehörigen vor einer großen Herausforderung. Um ihnen diese Last und Verantwortung zu erleichtern, ist eine Patientenverfügung wichtig. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, seinen eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben. Dadurch erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht. Ihre Ärzte und...

  • Hermsdorf
  • 08.05.24
  • 264× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Chronische Bauchschmerzen können das Leben stark beeinträchtigen.

Lösungsansätze
Chronische Bauchschmerzen verstehen

Chronische Bauchschmerzen sind definiert als konstante oder wiederkehrende Schmerzen, die drei Monate oder länger anhalten und das Leben stark beeinträchtigen können. Aber was steckt hinter diesen Schmerzen? Die möglichen Ursachen sind vielfältig und erfordern häufig eine umfangreiche Diagnostik. Rund 30 % der Betroffenen erhalten nach dem Hausarztbesuch keine spezifische Diagnose. Doch warum ist das so? Wir laden Sie ein, mehr über chronische Bauchschmerzen zu erfahren, warum eine Koloskopie...

  • Hermsdorf
  • 10.05.24
  • 91× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.