Wirtschaft und Sport in einem Boot
Spandau. Spandauer Spitzensportler und Unternehmer führt ein Pilotprojekt zusammen, das Sportamtsleiter Lars Marx ins Leben gerufen hat. Es soll den jungen Aktiven helfen, damit sie keine existenziellen Sorgen, sondern nur ihre sportlichen Ziele im Kopf haben.
Kanuten, Fünfkämpfer, selbst Schwimmer: Die große mediale Aufmerksamkeit bekommen sie in der Regel nur, wenn Olympische Spiele, Welt- oder wenigstens Europameisterschaften anstehen. Fast alle Leistungssportler, die keine Fußballprofis oder perfekte Selbstvermarkter sind, kämpfen daher nicht nur um Bestleistungen, sondern auch mit finanziellen Nöten. Denn die Vereine haben selbst kaum Geld. „Viele potenzielle Talente gehen dem Sport verloren, weil es ihnen an Unterstützung mangelt“, sagt Lars Marx. „Dann können sie sich dem Leistungssport nicht im ausreichenden Maß widmen. Der Lebensunterhalt, aber auch Trainingskleidung und -fahrten, Sportgeräte, die Reisen zu den Wettbewerben wollen schließlich finanziert sein.“ Den Spandauer Sportamtsleiter wurmt die Situation schon lange. Gemeinsam mit der Vorsitzenden der Vereinigung Wirtschaftshof Spandau, Gabriele Fliegel, hat er deshalb ein Kooperationsprojekt ins Leben gerufen, das für Abhilfe sorgen soll – indem es Spandauer Spitzensportler und Unternehmen zusammenbringt. Auch der Olympiastützpunkt Berlin steht den Partnern zur Seite.
Als erstes holten sie Andreas Contag ins Boot. Der Vorstandschef des Leiterplatten-Herstellers Contag AG treibt selber in fast jeder freien Minute Sport, reist sogar zu Seniorenweltmeisterschaften. „Sport ist mein Leben“, räumt Contag ein. „Aber das ist nicht entscheidend. Sondern die Tatsache, dass gerade in unserer Zeit der Sport eine wichtige Rolle spielt, weil er die Menschen verbindet. Und zwar Aktive wie Zuschauer. Sport schafft es, die Trennung in der Gesellschaft zu überwinden.“
Um riesige Summen geht’s beim Projekt ebenso wenig wie um regelmäßige Zuwendungen für einen bestimmten Spitzensportler. „Bedarfsgerechte Förderung“ lautet das Stichwort. Die kann so unterschiedlich ausfallen wie die Disziplinen, denen sich die jungen Frauen und Männer widmen. Bei Schwimmer Maximilian Oswald beispielsweise ist es eine Anstellung. Zweimal pro Woche arbeitet der dreifache Junioren-Weltmeister bei Contag, an den anderen Tagen kann er intensiv trainieren. „Der Job macht mir Riesenspaß und ist das Beste, was mir passieren konnte“, sagt Oswald. „Ich will ja gar nichts ohne Gegenleistung.“
Einen flexiblen Arbeitgeber braucht der eine, ein bezahltes Flugticket der andere. „Ich wollte bei Olympia in Rio unbedingt ein Medaille holen“, erzählt der zweifache Goldkanute Marcus Groß, den Andreas Contag ebenfalls unter seine Fittiche genommen hat. „Um entspannt und ohne Stress anzukommen, flog ich Business-Klasse. Das hätte ich mir ohne Hilfe nicht leisten können.“ Genau um solche Fälle geht‘s. Die Sportler brauchen Kontakt zu Leuten, die sie im Bedarfsfall unterstützen. Der Olympiasieger revanchierte sich mit einem Überraschungsbesuch bei Contags Technologie-Tag. Vor den Teilnehmern, allesamt Entwicklungsleiter namhafter Firmen, sprach er über Rio und die Spiele. „Meine Gäste waren Feuer und Flamme“, erinnert sich der Vorstand. „Sie haben ihm Löcher in den Bauch gefragt und wollen alle wiederkommen.“
Geben und Nehmen lautet also das Prinzip. Es hat inzwischen zwei weitere Unternehmen überzeugt. Mit von der Partie sind die Bekleidungsfirma New Wave und die Berliner Sparkasse. Zu den Sportlern, die profitieren, zählen die Fünfkämpferinnen Annika Schleu und Lena Schöneborn, die Ruderer Wolf-Niclas Schröder und Rene Schmela sowie diverse Wasserballer von Spandau 04. Fürs Gelingen wünscht sich Initiator Lars Marx aber noch weitere Mitstreiter aus der Spandauer Wirtschaft. „Zehn müssten es sein, dann können wir zum Beispiel darüber nachdenken, einen Fonds einzurichten.“ bm
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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