„Alles auf dem Prüfstand“: Interview mit dem Altstadtmanagement über das Förderprogramm „Städtebaulicher Denkmalschutz“

Andreas Wunderlich und Kristine Harrmann vom Altstadtmanagement in ihrem Büro mit Blick auf den Marktplatz. | Foto: Berit Müller
  • Andreas Wunderlich und Kristine Harrmann vom Altstadtmanagement in ihrem Büro mit Blick auf den Marktplatz.
  • Foto: Berit Müller
  • hochgeladen von Berit Müller

Spandau. Seit Mitte 2015 profitiert die Altstadt vom Bund-Länder-Programm „Städtebaulicher Denkmalschutz“. Zehn Jahre lang bekommt sie nun Fördermittel aus dem Topf – bis zu 50 Millionen Euro sind drin.

Spandauer-Volksblatt-Reporterin Berit Müller sprach mit Andreas Wunderlich und Kristine Harrmann vom Altstadtmanagement über Pläne, Projekte und Probleme.

Herr Wunderlich, Sie sind Geschäftsführer der BSG Stadterneuerungsgesellschaft Spandau, die im Auftrag des Bezirksamtes für das Altstadtmanagement verantwortlich zeichnet. Was genau machen Sie?

Andreas Wunderlich: Im Prinzip sind wir die Dirigenten eines Orchesters aus Planern, Politikern, Anwohnern und Akteuren. Das heißt, wir koordinieren – eng abgestimmt mit dem Bezirksamt – alle öffentlichen Projekte, die mit der Entwicklung der Altstadt zu tun haben. Das betrifft sowohl die städtebaulichen Aspekte als auch die Zukunft der Geschäftsstraßen. Wir sind Ansprechpartner für alle, wir informieren, führen Akteure zusammen, und wir schieben selber einiges an.

50 Millionen Euro – das klingt erst einmal nach viel Geld. Der Eindruck relativiert sich, wenn man bedenkt, dass auch größere Bauprojekte vorgesehen sind. Das ist doch der Fall?

Andreas Wunderlich: Natürlich. Zum Beispiel soll das Kulturhaus in der Mauerstraße einen Anbau bekommen, und die Musikschule wird saniert. Außerdem sind zwei neue Brücken für Fußgänger und Radler zwischen Zitadelle und Kolk sowie Zitadelle und Stresow geplant. Das größte Vorhaben betrifft aber die Fußgängerzone samt Bahnhofsvorplatz, Reformations- und Marktplatz. Dort muss sich einiges ändern. Es ist schon richtig, dass 50 Millionen Euro für alle Wünsche kaum ausreichen. Wir können aber nur mit dem arbeiten, was wir bekommen.

Sprechen wir über die Fußgängerzone: Wie gehen Sie die Umgestaltung an?

Kristine Harrmann: Es gibt viel Handlungsbedarf, da muss zunächst einmal eine gründliche Bestandsaufnahme her. Die Fußgängerzone soll lebendig, attraktiv und barrierefrei werden – also insgesamt mehr Aufenthaltsqualität bieten. Deshalb kommt alles auf den Prüfstand: Straßenpflaster, Sitzgelegenheiten, Stadtmöbel. Außerdem gilt es, Konflikte zwischen Fußgängern, Radfahrern und dem Lieferverkehr künftig zu vermeiden. Wir haben mit einer Verkehrszählung begonnen und fragen die Anlieger, welche Probleme oder Wünsche es gibt. Alle Ergebnisse fließen in ein Rahmenkonzept ein, das in Arbeit ist.

Andreas Wunderlich: Ich nenne mal ein Beispiel. In anderen Altstädten locken Marktplätze besonders in den Abendstunden Scharen von Menschen an, weil sie mit Cafés, Restaurants, Pflanzen und Brunnen aufwarten – und damit ein schönes Flair bieten. Davon kann hier nicht die Rede sein. Wollen wir das ändern? Auch solche Überlegungen spielen eine Rolle. Deshalb brauchen wir das Rahmenkonzept. Es soll einen detaillierten Machbarkeitsplan liefern. Für alle Bereiche, in funktionaler wie gestalterischer Hinsicht.

Viele Spandauer wünschen sich nicht nur Cafés am Marktplatz, sondern auch attraktivere Geschäfte in den Straßen drum herum – und weniger Leerstand. Was können Sie da tun?

Andreas Wunderlich: Tatsächlich ist der Leerstand nicht das Problem, sondern eher der Branchenmix. Es gibt eine Vielzahl an Friseuren, Nagelstudios und Imbissen in der Altstadt. Wünschenswert wären aber kleine Geschäfte mit besonderen Angeboten. Wir können hier nicht wie ein Centermanagement agieren, das seine Mieter aussucht. Aber wir können an die Vermieter appellieren, sich attraktive Gewerbe ins Haus zu holen. Wir sprechen mit Eigentümern, beraten Interessenten, helfen bei der Vermittlung. Und wir schreiben Unternehmen an, wenn wir von einer Geschäftsaufgabe erfahren.

Voraussetzung für die Aufnahme ins Förderprogramm war der Erlass einer so genannten Erhaltungsverordnung, die – sehr zusammengefasst – das Erscheinungsbild der Altstadt schützen soll. Wie reagieren die Geschäftsleute darauf?

Kristine Harrmann: Da sprechen Sie ein wichtiges Thema an. Die Erhaltungsverordnung ist ja bindend – und wirkt sich für die Geschäftsleute vor allem aus, wenn es um die Außenwerbung geht. Weil der Erlass darauf abzielt, das typische Altstadtflair zu stärken, soll es große Leuchtkästen und blinkende Reklame in Zukunft nicht mehr geben. Leider ist die Information noch nicht überall angekommen. Das Bezirksamt hat bereits zehn Verstöße registriert. Wir verschicken jetzt eine Info-Broschüre an Eigentümer und Geschäftsinhaber.

Das Jahresende naht – da bietet sich ein erstes Resümee an. Womit sind Sie zufrieden?

Andreas Wunderlich: Städtebauliche Förderprogramme funktionieren nur mit Bürgerbeteiligung. Wir wollen nichts bauen, ohne den Menschen vorher die Gelegenheit zu geben, ihre Ideen und Wünsche zu äußern. Deshalb gibt es Gremien, in denen sich die Spandauer engagieren können, und die wir bereits erfolgreich etabliert haben: die Altstadtvertretung und die Gebietsfondsjury. Die Öffentlichkeit halten wir zudem mit unserer Stadtteilzeitung auf dem Laufenden, die dem Spandauer Volksblatt beliegt – zwei Ausgaben waren es 2016, nächstes Jahr sind vier geplant. Und hinter eines der ersten Bauprojekte können wir Ende dieses Jahres bereits ein Häkchen machen: die Neugestaltung der Hertefeldstraße.

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

5 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 219× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 983× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 645× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.133× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.021× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.