Berlins erste barrierefreie Bushaltestelle heißt "Obstallee"
Ein Win-Win-Projekt für alle

Konrad Hickel testet unter den kritischen Augen aller den barrierefreien Einstieg. Ein Rampe hat er hier nicht nötig.  | Foto: Ulrike Kiefert
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  • Konrad Hickel testet unter den kritischen Augen aller den barrierefreien Einstieg. Ein Rampe hat er hier nicht nötig.
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Mit der Haltestelle „Obstallee“ hat Spandau jetzt berlinweit den ersten barrierefreien Bushaltepunkt. Das Besondere: Der Einstiegsbord ist sechs Zentimeter höher als üblich. Damit ist die Klapprampe für Rollis nicht mehr nötig – sofern der Busfahrer geschickt ist.

Die Haltestelle „Obstallee“ in Staaken ist die erste von 6500 Berliner Bushaltestellen, die sich nach aufwendigem Umbau komplett barrierefrei nennen darf. Denn dank eines auf 22 Zentimeter erhöhten Einstiegsbords zum Bus reduziert sich die Lücke zwischen Bordstein und Tür auf ein bis zwei Zentimeter. Damit haben es nicht nur Rollstuhlfahrer leichter, ohne Hilfe in den Bus zu kommen, sondern auch Fahrgäste mit Rollatoren, Kinderwagen, Krücken oder schwerem Gepäck.

Ob das in der Praxis immer klappt, hängt allerdings stark vom Busfahrer ab. Druckluftbetrieben kann der Bus zwar einige Zentimeter in die „Knie gehen“ – Kneeling nennt sich das. Doch damit der Rollifahrer an der neuen Haltestelle auch wirklich problemlos einsteigen kann, muss der Fahrer den Bus gerade und dicht an den Bordstein stellen. „Das aber ist besonders für die langen Gelenkbusse schwierig und braucht Übung“, sagte Gerd Freitag. Schrammen und Dellen am Fahrzeug blieben da nicht aus. Der BVG-Bezirksmanager weiß das von den Testläufen auf dem BVG-Betriebshof Lichtenberg. Dort probten die Busfahrer das perfekte Heranfahren an diese besondere Haltestelle.

Es wird leichter für Rollis und Busfahrer

Die steht nun wie gesagt in Staaken und trägt den Namen „Obstallee“, obwohl sie etliche Meter entfernt am Blasewitzer Ring 8 liegt. Dort stoppen der M37 zum Waldkrankenhaus und der 131 nach Ruhleben. Zur offiziellen Einweihung der barrierefreien Haltestelle herrschte dort am 29. Januar „großer Bahnhof“. Außer Bürgermeister Helmut Kleebank (SPD), Baustadtrat Frank Bewig (CDU), dem Bezirksbeauftragten für Senioren und Menschen mit Behinderung, Sargon Lang, und Konrad Hickel als Vorsitzender des Beirats für Menschen mit Behinderung in Spandau waren auch Verkehrsstaatssekretär Ingmar Streese, die Vorsitzenden des Landesbeirates für Menschen mit Behinderungen, Kathrin Geyer, die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung, Christine Braunert-Rümenapf, Mitarbeiter aus dem Spandauer Straßen- und Grünflächenamt und der BVG sowie weitere Beiratsvertreter aus Spandau wie Monika Göttlich vor Ort. Sie alle begrüßten die neue Haltestelle als echtes Win-Win-Projekt für alle: für die Fahrgäste und für die Busfahrer, die jetzt nicht mehr aussteigen und die Rampe an der zweiten Bustür ausklappen müssen, was Zeit spart.

„Im Nahverkehrsplan haben wir diese höheren Borde als neue Regellösung verankert“, informierte Ingmar Streese. „Sie gilt für alle Bezirke, die wir finanziell beim Ausbau der barrierefreien Bushaltestellen unterstützen.“ Die sogenannten Kasseler-Sonderborde 22 sollen überall dort umgesetzt werden, wo die Busse ausreichend Platz für die Anfahrt haben. Um das Ganze voranzutreiben, erstellen BVG und Bezirke zusammen mit der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen eine Prioritätenliste. Im Rathaus Spandau waren hierbei alle Beteiligten besonders schnell, auch dank der Initiative aus dem Beirat und dem Engagement des Bezirksbeauftragten, wie Helmut Kleebank und Frank Bewig betonten.

6480 Bushaltestellen
sind noch nicht barrierefrei

„Solche Haltestellen machen uns Rollstuhlfahrer unabhängiger, weil wir nicht mehr um Hilfe bitten müssen“, sagte Konrad Hickel. Es sei begrüßenswert, dass diese besonderen Haltestellen auch im neuen Mobilitätsgesetz verankert sind. Und Sargon Lang mahnte bei aller Freude an: „Wir dürfen nicht vergessen, dieser einen barrierefreien Bushaltestelle stehen 6480 nicht barrierefreie Bushaltestellen in Berlin gegenüber. Es gibt also noch viel zu tun, damit Menschen mit Behinderungen Busse selbstständig nutzen können.“

Wo und wann es in Spandau die nächste barrierefreie Bushaltestelle gibt, steht noch nicht fest. Ab Februar werden aber zumindest fünf weitere Haltestellen von zehn Zentimetern auf die EU-weit geltende Bordhöhe von 16 Zentimetern erhöht, unter anderem an der Sandstraße, Moritzstraße und Maulbeerallee. Spandau hat insgesamt 247 Bushaltestellen. Der barrierefreie Ausbau der ersten Haltestelle in Staaken kostete rund 39 000 Euro, in diesem Fall finanziert vom Bund.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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