Erinnerung an Alexander Futran
USPD-Kommunalpolitiker wurde 1920 durch Freikorpssoldaten ermordet

Seit 1947 trägt der frühere Friedrich-Wilhelm-Platz den Namen Futranplatz. Neben einer Grünanlage gibt es hier einen Spielplatz. | Foto: Ralf Drescher
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  • Seit 1947 trägt der frühere Friedrich-Wilhelm-Platz den Namen Futranplatz. Neben einer Grünanlage gibt es hier einen Spielplatz.
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Eine kleine Parkanlage am Rand der Köpenicker Altstadt, ein Gedenkstein und eine Plastik. Das erinnert 100 Jahre nach seinem Tod an den Köpenicker Kommunalpolitiker Alexander Futran (1879-1920).

Geboren im russischen Odessa, studierte er unter anderem in Berlin, München und Karlsruhe und gründete ein Ingenieurbüro. Nach Beginn des 1. Weltkriegs als russischer Staatsbürger zeitweise interniert, wurde er 1917 Vorsitzender der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei, einer Abspaltung der SPD. Für diese wurde er ins Stadtparlament von Köpenick gewählt.

Als am 12. März 1920 die rechtsgerichteten Militärs gegen die Weimarer Republik putschten, blieb man in Köpenick unentschlossen. In dieser Situation griffen Arbeiter und Angestellte selbst zu den Waffen. So rückten 20 Köpenicker gegen die Albatros-Werft vor und entwaffneten die dort stationierten Soldaten. Zur Bildung einer vom Köpenicker Magistrat geplanten Einwohnerwehr kam es nicht, da sich die Vertreter der Arbeiterparteien und der bürgerlichen Parteien nicht über die Verteilung der Waffen einigen konnten. Als Gerüchte über plündernde Truppen nach Köpenick drangen, stimmte der Magistrat aber einer Verstärkung der Wachen an den Lebensmitteldepots zu. Am 16. März wurde ein Sozialistisches Verteidigungskomitee gegründet, zu den Führern wurden die Stadtverordneten Alexander Futran (USPD) und Alfred Rebe (KPD) bestimmt. Die Streitmacht bestand aus rund 1000 Bewaffneten. Während der Tage de Kapp-Putschs hielt Futran Kundgebungen in „Kleins Hotel“ (heute Stadttheater Cöpenick) und auf dem Friedrich-Wilhelm-Platz (heute Futranplatz) ab. Anhänger der Putschisten wurden im Polizeigefängnis und im Amtsgericht eingesperrt.

Als am 19. März ein – fingierter – Telefonanruf im Rathaus einging, mit der Mitteilung, der Putsch sei beendet, löste Futran die Bürgerwehr auf. Als zwei Tage später Soldaten auf Köpenick marschierten, ging Bürgermeister Behnke (SPD) davon aus, regierungstreue Truppen seien im Anmarsch. Um eine Konfrontation zwischen Arbeitern und Soldaten zu vermeiden, lies Futran die Waffen niederlegen. Tatsächlich marschierten dann Putschisten vom Reichswehr-Schützenbataillon aus Lichterfelde ein, mit Hakenkreuzen am Stahlhelm. Alexander Futran wurde von den Militärs ins Rathaus beordert und sofort vor ein Standgericht gestellt. Am gleichen Tag wurde er im Hof der Bötzow-Brauerei in der Grünauer Straße (heute Hausnummer 21) erschossen. Ihre Rache an einem engagierten Gegner des Aufstands gegen die rechtmäßige Regierung der Weimarer Republik krönten die Putschisten mit dem überlieferten makaberen Spruch „Neben Futran auf dem Mist lag so mancher Bolschewist“.

In Köpenick wurden an diesem Tag vier Putschgegner erschossen, darunter zwei Kutscher der Wäscherei Landrock. Weitere Opfer gab es in Adlershof, hier fielen zwei Arbeiter beim Kampf mit den Putschisten, weitere zwölf Arbeiter wurden von den Putschisten an die Wand gestellt. Die handelnden Soldaten wurden niemals zu Rechenschaft gezogen. Die Rädelsführer des Kapp-Putschst flohen ins Ausland, nach ihnen wurde wegen Hochverrat gefahndet. Kapp floh nach Schweden, wurde an Deutschland ausgeliefert. Vor Beginn seines Hochverratsprozesses starb er 1922 in Leipzig nach einer Krebsoperation.

An Alexander Futran erinnert seit 1947 der nach ihm benannte Platz mit Grünanlage und Gedenkstein. Der frühere Weiße-Flotte-Dampfer „Alexander Futran“ heißt seit dem Verkauf an eine private Reederei „Pinguin“.

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

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