ars cinema gehört zu den Überlebenden
Neues Buch zeigt, was vom Amateurfilm der DDR geblieben ist

Rainer Hässelbarth ist seit 1972 leidenschaftlicher Amateurfilmer – und heute ein Zeitzeuge für die Szene in der DDR. | Foto: Bernd Wähner
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  • Rainer Hässelbarth ist seit 1972 leidenschaftlicher Amateurfilmer – und heute ein Zeitzeuge für die Szene in der DDR.
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Der AFC Energie war einer der erfolgreichsten Amateurfilmclubs der DDR. Sein Nachfolger, der Verein ars cinema, ist seit vielen Jahren in Weißensee aktiv. Und sein Vereinsvorsitzender Rainer Hässelbarth ist inzwischen eine feste Größe auch in der europäischen Amateurfilmszene.

Dazu trug nicht zuletzt das West-östliche Kurzfilmfestival bei, das die Weißenseer Amateurfilmer über 20 Jahre lang organisierten. Am 29. Januar um 19 Uhr steht Rainer Hässelbarth nun eine besondere Aufgabe ins Haus. Er präsentiert als Zeitzeuge im Kino Arsenal, Potsdamer Straße 2, gemeinsam mit dem Autor Ralf Forster vom Filmmuseum Potsdam das Buch „Greif zur Kamera, gib der Freizeit einen Sinn. Amateurfilm in der DDR“. In diesem unternimmt Forster einen Streifzug durch das Schaffen der Amateurfilmclubs der DDR. Immerhin etwa 250 gab es von ihnen. Etwa 20 haben bis heute überlebt. Und dazu zählt auch ars cinema.

„Begonnen hat die Geschichte unseres Filmclubs 1972. Ich war damals Schichtleiter im Heizkraftwerk Mitte“, erinnert sich Rainer Hässelbarth. „Wir machten seinerzeit eine Brigadefahrt nach Prag. Ich und einige Kollegen hatten Kameras dabei und wir filmten viel. Wieder in Berlin, schnitt ich die Filme zu einem 20-Minuten-Streifen zusammen, unterlegte alles mit Schallplattenmusik und zeigte diesen Kurzfilm auf der nächsten Brigadefeier. Die Kollegen waren begeistert und sagten: ‚Lasst uns einen Film-Club gründen.‘“

Hässelbarth und Kollegen sprachen bei der Betriebsgewerkschaftsleitung des VEB Berliner Energiekombinat vor. „Die fanden die Idee toll und unterstützen uns.“ Um Filmmaterial finanziert zu bekommen, mussten die Amateurfilmer jeweils ein Konzept bei den entsprechenden Stellen im Kombinat einreichen. Das wurde dann abgesegnet. „In der Regel schrieben wir dort rein, dass wir so viel Material brauchen, um jede Einstellung fünfmal drehen zu können“, erinnert sich Hässelbarth. „Aber wir waren in Wirklichkeit sparsam. Es blieb immer so viel übrig, dass wir Streifen nach unserem Geschmack drehen konnten, für die wir aber kein Konzept einreichten. So entstanden neben offiziellen Arbeitsschutzfilmen und Porträts auch etliche Satirefilme.“

Der „Filmclub Energie“, der zeitweise 25 Mitglieder hatte, war bis 1990 sehr erfolgreich. „Wir haben insgesamt 90 zumeist Kurzfilme produziert“, so Hässelbarth. Mit neun durfte der AFC an den Weltmeisterschaften des Amateurfilms teilnehmen. Einer der erfolgreichsten Streifen war der über die Schließung der letzten Gaskokerei in Lichtenberg. Für diesen Film mit dem Titel „Ist der Ofen aus?“ gab es 1989 die Goldmedaille bei den letzten Arbeiterfestspielen der DDR, und dieser Film wurde auch vom Fernsehsender SWF exklusiv ausgestrahlt.

Die Wende überstand der AFC Energie unbeschadet. Er wurde Mitglied im Bundesverband Deutscher Filmautoren. 1993 wollte er dann mit Unterstützung des Bezirksamtes einen „Tag des Amateurfilms“ organisieren. „Die damalige Leiterin der Wabe im Ernst-Thälmann-Park sagte uns: ‚Wenn ihr so eine Veranstaltung organisieren wollt, müsst ihr euch erst einmal einen anderen Namen zulegen. Amateurfilmclub klingt zu unprofessionell‘“, sagt Hässelbarth. „Ganz ‚bescheiden’ nannten wir uns dann ars cinema. Und aus dem schlichten Tag des Amateurfilms wurde ein Internationales Kurzfilmfestival in der Wabe.“

Seit 1984 standen dem AFC Energie eigene Räume unter dem Dach eines Verwaltungsgebäudes des damaligen Energiekombinats an der Gustav-Adolf-Straße zur Verfügung. Als die Gasag das Gebäude übernahm, konnte der ars cinema bleiben. Vor drei Jahren musste sich der Filmclub allerdings neue Räume suchen. Die fand er im Frei-Zeit-Haus an der Pistoriusstraße.

Für den Umzug musste man sich allerdings von vielem aus dem Clubarchiv trennen. Hässelbarth: „Ich fragte beim Filmmuseum Potsdam an, ob man dort Interesse habe, und hatte Glück. Dort hatte man gerade die Zusage für eine Projektförderung zur Erforschung der Geschichte des Amateurfilms in der DDR bekommen.“ Der zuständige Projektleiter Ralf Forster nahm alles, was nicht mehr unterzubringen war, mit. Darunter die gesamte AFC-Energie-Chronik und natürlich die Filme.

Dieses Material aus Weißensee war eine Basis für sein Buch „Greif zur Kamera, gib der Freizeit einen Sinn“. Außerdem recherchierte er die Geschichte weiterer Clubs. Immerhin drehten diese in 40 Jahren DDR mehr als 10 000 Amateurfilme, die heute Zeitdokumente sind. Das neue Buch hat 510 Seiten und ist mit Schwarzweißfotos illustriert. Außerdem findet sich im Buch eine DVD mit 16 Beispielen des DDR-Amateurfilms. Das Buch kostet 49 Euro (ISBN 978-3-86916-729-9).

Weitere Informationen zum Weißenseer Fimclub auf www.ars-cinema.de.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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