"Der Wandel ist schon voll im Gange"
Staatssekretärin Ana-Maria Trăsnea über künftige Herausforderungen in der Ehrenamtsszene

In Rumänien geboren, lebt Ana-Maria Trăsnea (28) seit 2007 in Berlin. Heute ist sie Staatssekretärin für Engagement-, Demokratieförderung und Internationales in der Senatskanzlei. | Foto: Fionn Grosse
  • In Rumänien geboren, lebt Ana-Maria Trăsnea (28) seit 2007 in Berlin. Heute ist sie Staatssekretärin für Engagement-, Demokratieförderung und Internationales in der Senatskanzlei.
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Seit Dezember ist Ana-Maria Trăsnea (SPD) als Staatssekretärin unter anderem für die Engagementförderung zuständig. Redaktionsleiter Hendrik Stein sprach mit ihr über ihre Ziele und Vorhaben sowie über junges Engagement in Berlin.

Wenn Sie auf Ihre ersten Monate im Amt zurückblicken, wo lagen für Sie die größten Herausforderungen?

Ana-Maria Trăsnea: Was uns als Stadt sehr gefordert hat, war auch für mich eine riesige Herausforderung: die Hilfe für die vielen Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind. Das Engagement der Freiwilligen war und ist beeindruckend. Mit ihnen und den Hilfsorganisationen war und bin ich ständig im Gespräch, um die Rahmenbedingungen für ihren Einsatz zu verbessern, zum Beispiel am Hauptbahnhof oder in Tegel.

Engagement fördern heißt das Ehrenamt stärken. Wo liegen hier Ihre Schwerpunkte in den nächsten Jahren?

Ana-Maria Trăsnea: Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, Lust auf Engagement und Beteiligung zu wecken. Dafür haben wir zum Beispiel die Freiwilligenbörse. Wichtig ist aber auch Anerkennung, also das Präsentieren und Würdigen dessen, was Engagierte in Berlin bewegen. Und ich möchte Strukturen fördern, in denen Engagement und Demokratie gestärkt werden. Dazu gehören die bezirklichen Freiwilligenagenturen und das Landesnetzwerk Bürgerengagement, aber auch eine Einrichtung wie die Urania, die wir bei der Umgestaltung zu einem Bürgerforum unterstützen. Es ist sehr ermutigend, dass der Senat die Umsetzung der Berliner Engagementstrategie 2020-2025 beschlossen hat und ein Demokratiefördergesetz plant.

Die Förderung jungen Engagements ist sicher auch ein wichtiges Anliegen?

Ana-Maria Trăsnea: Junge Menschen sind nicht nur unsere Zukunft, sie sind auch die Generation, die sich in unserer Gesellschaft am stärksten engagiert. Sie wollen sich einbringen und es ist an uns als Gesellschaft, dass wir ihnen dafür Möglichkeiten bieten. Wichtige Schritte dafür waren, dass die Inhaberinnen und Inhaber der Jugendleiterkarte (Juleica) mit der Ehrenamtskarte gleichgestellt werden und dass der Senat die Bedingungen für das Freiwillige Soziale Jahr verbessert hat.

Nachwuchsprobleme in Vereinen sind heute keine Seltenheit. Was müssen die Organisationen tun, um mehr junge Leute anzusprechen und für ihre Anliegen und Ziele zu interessieren?

Ana-Maria Trăsnea: Das Wichtigste ist, ihnen Zutrauen entgegenzubringen und Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten. Und das bedeutet letztlich auch, Veränderungen zuzulassen. Wenn junge Menschen ihre Ideen umsetzen können, erleben sie Erfolge, und das ist die wichtigste Voraussetzung fürs Dabeibleiben und Weitermachen …

Junge Leute engagieren sich heute eher temporär, gehen seltener feste Bindungen wie Vereinsmitgliedschaften ein und planen ihre freiwillige Tätigkeit eher über digitale Tools oder Soziale Netzwerke. Wird das die Engagementszene verändern?

Ana-Maria Trăsnea: Der Wandel ist schon voll im Gange. Und viele Vereine und Initiativen setzen schon auf digitales Engagement. In Zukunft wird es mehr als bisher darauf ankommen, genau zu überlegen, welche Stärken und Talente ich für welche Aufgaben im Verein brauche. Und wie ein Klima geschaffen werden kann, in dem sich alle wohlfühlen, sich für die gemeinsame Arbeit begeistern und Verantwortung übernehmen.

Was heißt das für die Engagementförderung?

Ana-Maria Trăsnea: Solche Veränderungen finden innerhalb der Vereine und Initiativen statt. Wir unterstützen das indirekt, zum Beispiel mit Angeboten wie „Digital-Vereint“ oder künftig einem Förderprogramm „Digitale Zivilgesellschaft“. Ein Kern unserer Förderung besteht immer darin, den Austausch untereinander und damit das Lernen voneinander zu fördern. Und als Europäische Freiwilligenhauptstadt 2021 haben wir von der Begegnung mit anderen Städten in Europa profitiert. Auch daran wollen wir anknüpfen.

Sie haben sich bereits in jungen Jahren ehrenamtlich engagiert. Wie hat das Ihre Entwicklung beeinflusst?

Ana-Maria Trăsnea: Mit dem Ehrenamt habe ich ein Solidaritätsnetzwerk gewonnen, das mir Mut und Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten gab. Dank des freiwilligen Engagements habe ich zudem die Erfahrung gemacht, wie viele Möglichkeiten zur aktiven Gestaltung meiner Umwelt bestehen. Diskriminierung mit Toleranz, Demokratie und Vielfalt zu trotzen wurde so zu meinem Alltagssport. Bürgerschaftliche Mitverantwortung hat meine Neugierde und Lust aufs Mitmischen entfacht.

Haben Sie heute noch die Zeit für Ehrenämter?

Ana-Maria Trăsnea: Natürlich ist die Zeit knapper. Das Schöne ist jedoch, dass ich Themen, die ich 15 Jahre ehrenamtlich vorantrieb, nun hauptamtlich gestalten darf. Das ist Ehre und Freude zugleich. Trotzdem engagiere ich mich weiterhin in der Parteibasis, insbesondere zur Förderung nachbarschaftlicher Solidarität und in der Frauenarbeit.

Autor:

Hendrik Stein aus Weißensee

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