Al-Anon-Selbsthilfegruppen geben Familien von Alkoholsüchtigen Halt

In den wöchentlichen Treffen von Al-Anon erfahren Angehörige von Alkoholsüchtigen Zuwendung und Unterstützung. | Foto: Elisa von Hof
  • In den wöchentlichen Treffen von Al-Anon erfahren Angehörige von Alkoholsüchtigen Zuwendung und Unterstützung.
  • Foto: Elisa von Hof

<span class="docTextLocation">Berlin.</span> Wenn der Bruder, der Lebensgefährte oder die Mutter alkoholsüchtig sind, dann leidet nicht nur der Süchtige selbst, sondern auch die Familie, Freunde und Bekannte.

So war es bei der heute 36-jährigen Anna (Name von der Redaktion geändert). Als ihre Mutter jahrelang ihre Alkoholsucht leugnete, wusste sie nicht mehr weiter. Sie konnte das Verhalten ihrer Mutter nicht verstehen, sah keinen Weg mehr, ihr beizustehen. „Dabei wollte ich ihr ja helfen. Ich passte auf, kontrollierte ihren Konsum. Ich belog andere Menschen und ich machte mir selbst große Vorwürfe, weil ich es doch nicht schaffte, ihre Sucht zu bekämpfen“, sagt sie. Aus dieser Hilflosigkeit heraus rutschte Anna ab, probierte Drogen, dachte an Selbstmord.

Bis sie in einer Suchtberatung auf die Selbsthilfegruppen für die Angehörigen von Alkoholikern aufmerksam gemacht wurde: die Al-Anon Familiengruppen. Der Name leitet sich vom englischen „Alcoholics Anonymous Family Groups“ ab. Genau wie bei den Selbsthilfegruppen des Partnernetzwerks der „Anonymen Alkoholiker“ gilt bei den Treffen das Prinzip der Anonymität. Jeder kann in den ein- bis zweistündigen Treffen erzählen, was ihm auf der Seele brennt.

Kraft tanken und an sich denken

„Hätte ich Al-Anon damals nicht kennengelernt, hätte ich mich sicher umgebracht“, sagt Anna. Das ist mittlerweile 16 Jahre her. Sie nimmt wöchentlich an einem Treffen der 24 Berliner Selbsthilfegruppen teil – wenn es ihr besonders schlecht geht, auch an mehreren. Jeden Tag finden zwei bis drei Treffen in unterschiedlichen Bezirken statt. Hier tankt sie Kraft, nicht nur an ihre Mutter zu denken, sondern wieder an sich selbst.

„Oft stehen Alkoholiker mit ihrer Sucht im Vordergrund. Man ist ja ständig besorgt oder macht sich über den anderen Gedanken, da vergisst man sich selbst“, sagt Anna. Davon wird man krank. Um sich wieder besser zu fühlen, muss man an sich arbeiten, und nicht am alkoholsüchtigen Angehörigen oder Freund. Das Verständnis dafür soll in den Treffen vermittelt werden. Al-Anon finanziert sich ausschließlich über Spenden der Teilnehmer. Ehrenamtliche übernehmen die Organisation der Treffen, kümmern sich um die Finanzen, die Kommunikation mit anderen Gruppen. Das Konzept kommt an: Seit sich 1951 die erste Gruppe in den USA gründete, entstanden weltweit über 30.000 Gruppen – allein in Deutschland gibt es heute etwa 600 Selbsthilfegruppen.

Auf das eigene Leben fokussieren

„Uns wird hier der Druck genommen, eine Krankheit wie Alkoholsucht kontrollieren zu wollen“, sagt Anna. Stattdessen sollen die Teilnehmer dazu ermutigt werden, das zu ändern, was veränderbar ist: das eigene Denken. „Man vergisst ja, dass die Verantwortung für den Alkoholsüchtigen nicht nur auf einem selbst lastet, sondern in erster Linie auf den Schultern des Süchtigen“, sagt Sabine (Name von der Redaktion geändert). Sie ist Teil von Al-Anon, seit ihr Mann unter Alkoholsucht leidet. Sie fühlt sich durch die Teilnahme an den Treffen ruhiger.

„Bei Al-Anon wird einem Hoffnung gegeben und das Gefühl, dass man verstanden wird“, sagt sie. Allerdings ist Al-Anon keine Suchtberatungsstelle, keine Psychotherapie und keine religiöse Gemeinschaft. Durch spirituelle Thesen und das gemeinsame Lesen von Erfahrungsberichten anderer Betroffener sowie durch Dialog wird den Angehörigen geholfen, sich wieder auf das eigene Leben zu fokussieren. Elisa von Hof

<div class="docTextServiceText">Informationen zu Al-Anon und eine Liste der Berliner Selbsthilfegruppen auf <a target="_blank" rel="nofollow" href="http://www.al-anon.de">www.al-anon.de</a> und über das zentrale Büro in Essen unter <span class="docTextPhone"></span> 0201-77 30 07.</div>

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Lokalredaktion aus Mitte

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