Zehlendorf: „Künstler in den Zwanzigern“ im Heimatmuseum
Spannungsfeld zwischen Großstadt und Peripherie
von Ulrike Martin
Die Vielfältigkeit des kulturellen Lebens in der Weimarer Republik, besonders das Spannungsfeld zwischen Zentrum und dem Südwesten ist Thema der Sonderausstellung im Heimatmuseum Zehlendorf. Wer noch keine Gelegenheit zur Besichtigung hatte, sollte sich beeilen. Die Schau ist noch bis Freitag, 13. März, zu sehen.
„Zehlendorf in den Zwanzigern – Die Weimarer Kultur in der Peripherie“ hat Kuratorin Beatrx Obal die Ausstellung betitelt. Im Fokus stehen Künstler, die zumindest zeitweise in Zehlendorf lebten. Dazu gehören Schriftsteller wie Franz Kafka und Carl Zuckmayer, Maler wie Lesser Ury und Max Lieberman sowie Komponisten wie Arnold Schönberg und Hugo Kaun.
Treffpunkte und Begegnungsstätten der Künstler waren Galerien und private Salon, zum Beispiel derjenige der Schriftstellerin Helene von Nostitz in der Goethestraße. Auch die Kunstmäzene Paul und Bruno Cassirer sowie Alfred Flechtheim luden ein. In den Salons traf man sich nicht nur zum Austausch mit Gleichgesinnten, es ging auch um die Kontaktaufnahme mit zukünftigen Auftraggebern. Verlage wie der Fritz-Heyder- und der Rembrandt-Verlag hatten ihren Sitz in Zehlendorf und trugen dazu bei, Schriftstellern ein Auskommen zu sichern, unter anderem Erich Kästner und Julius Hart.
„Ausgerechnet aus dem Südwesten kam zudem mit dem Dadaismus ein ein ganz neuer Stil“, wie Kuratorin Beatrix Obal erläutert. Gegründet 1916 in Zürich, brachte Richard Hülsenbeck 1918 dis Kunstrichtung nach Berlin. Der in Zehlendorf wohnende „Oberdada“ Johannes Baader organisierte gemeinsam mit den benachbarten Künstlern Raoul Hausmann und Jefim Golyscheff mehrere Dada-Soireen und 1920 die Erste Internationale Dada-Ausstellung in Berlin.
Dargestellt wird in der Ausstellung auch das Gefälle zwischen Arm und Reich. Berufe in der Landwirtschaft erübrigten sich nach und nach, stattdessen kam es zur Bildung eines Industrieproletariats. Wer es sich leisten konnte, zog aus der zunehmend verschmutzten Stadt in die grünen Vororte.
Daraus entstanden Impulse, die von den Künstlern aufgegriffen wurden. Max Liebermann, Lesser Ury und Philipp Franck malten immer noch expressionistische und damit eher konservative Bilder, während George Grosz oder Felix Nussbaum sich mit der realistischeren Darstellung des Großstadtlebens widmeten.
Am Dienstag, 10. März, beginnt im Rahmen der Schau um 19 Uhr in der benachbarten Alten Dorfkirche ein Brecht-Abend mit Hilke Dethlefs und Ursula Temps. Das Thema: „Die Musen küssten nicht nur seine Stirn. Bertolt Brecht und seine Frauen“. Der Eintritt ist frei eine Anmeldung unter 8022441 oder per E-Mail an info@heimatmuseum-zehlendorf.de.
Die Ausstellung im Heimatmuseum, Clayallee 355, ist montags und donnerstags von 10 bis 18 Uhr sowie dienstags und freitags von 10 bis 14 Uhr geöffnet.
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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