Langjährige Frischzellenkur
Bezirk will seine Bibliotheken-Landschaft aufmöbeln

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Die Bibliotheken des Bezirks hinken in Berlin den Standards hinterher. Anhand eines Entwicklungsplans will der Bezirk in den kommenden Jahren das Angebot und damit die Attraktivität seiner Standorte massiv erhöhen.

Zum einen geht es darum, Fläche hinzu zu gewinnen. Für die circa 340 000 Einwohner von Charlottenburg-Wilmersdorf ist eine Gesamtfläche von etwas mehr als 4000 Quadratmeter viel zu wenig. „Die wollen wir vervierfachen“, kündigt die Bildungsstadträtin Heike Schmitt-Schmelz (SPD) an. Ihr schwebt eine Zentralbibliothek im Innenstadtbereich vor, irgendwo entlang der U-Bahnlinie 7, mit einer Größe von 6000 Quadratmetern. Die Dietrich-Bonhoeffer-Bibliothek an der Brandenburgischen Straße soll zum Innenhof hin – dort böte sich ein Parkplatz dafür an – von derzeit 1000 auf 2500 bis 3000 Quadratmeter erweitert werden. Potenzial birgt auch der Standort Stadtteilzentrum am Halemweg. Es soll im Zuge des Stadtumbaus in Charlottenburg-Nord durch einen deutlich größeren Bau ersetzt werden, die Bibliothek soll dann von 240 auf 1500 Quadratmeter anwachsen. „Sind wir mit allen Maßnahmen fertig, liegen wir im Vergleich mit den anderen Berliner Bezirken und bezüglich der Standards im mittleren bis oberen Bereich“, so Schmitt-Schmelz.

Ihre Ideen hat Schmitt-Schmelz im Bibliotheksentwicklungsplan festgehalten. Die grobe Zusammenfassung hat sie dem Weiterbildungs- und Kulturausschuss in dessen jüngster Sitzung bereits weitergegeben. Das komplette Werk soll nun erst einmal per Bezirksamtsbeschluss abgesegnet und dann in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) auf das Tapet kommen. „Wann, ist wegen der Corona-Krise noch nicht ganz klar“, sagt die Stadträtin. Jedenfalls werden die Verordneten und die Öffentlichkeit dann den Status quo der Standorte kennen und konkret erfahren, wo die Reise hingehen soll. Denn es geht um weitaus mehr als nur die Vergrößerung.

Ort zum Arbeiten und für die Freizeitgestaltung

Die Bibliotheken sollen ihr verstaubtes Image loswerden. Längst sind sie mehr als bloße Ausleihstation für Bücher oder DVDs. Die Ausstattung und das Angebot der Heinrich-Schulz-Bibliothek im Rathaus an der Otto-Suhr-Allee dürfen als Beleg dienen. Dort lassen sich im Music-Makerspace Elektro-Beats basteln, zu zweit in Kabinen Sprachen erlernen, Meeting-Räume buchen und Vorträge per Hochleistungsbeamer an das Whiteboard werfen, Kurse belegen oder Co-Working-Prozesse starten. Freiberufler finden einen Arbeitsplatz mit WLAN und Zugang zu umfangreichen Archiven, Kinder eine Spielkonsole, Leseratten einen gemütlichen Sessel zum Schmökern. Und das alles kostenlos. Heike Schmitt-Schmelz könnte sich auch Cafès in oder vor den Bibliotheken vorstellen, ein Repair-Cafè oder den Verleih von E-Book-Readern. „Die Bibliotheken sollen aber auch einen Beitrag zur Demokratieförderung leisten. Der Wissensschatz soll auch denjenigen zur Verfügung stehen, die sich den Zugang dazu ansonsten nicht leisten könne“, sagt die Stadträtin und nennt ein Beispiel: „Den Umgang mit dem IPad erlernen.“

Nach Vorbild skandinavischer Länder wie Dänemark, Finnland oder Norwegen solle die Bibliothek gleichermaßen ein Ort der Arbeit sowie der Freizeitgestaltung sein. Dabei stehe man als Bezirk zwischen den Nutzern, die gerne alles so ließen, wie es ist, und denen, die erst eine „Hürde im Kopf“ überspringen müssten, sagt Schmitt-Schmelz. Sie ist sich aber sicher: „Es wird ein Imagewandel stattfinden. Je offener wir uns präsentieren, desto schneller.“

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

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