Nachtrag
Wer betrieb das Lager in der Wilhelmsaue wirklich? (3)

Es bestehen viele Übereinstimmungen bei der Frage des Arbeitseinsatzes ausl. Arbeiter und Angestellter im und für das Bezirksamt Wilmersdorf in der Zeit des Zweiten Weltkrieg 1939 bis 1945, da weitgehend mit den gleichen Quellen gearbeitet wird.

Nochmals: Es ist eine völlig unbestreitbare Tatsache, daß das Bezirksamt Wilmersdorf ausl. Arbeiter für seine Belange einsetzte und das sich auf dem Grundstück Wilhelmsaue 39 / 40 sich ein Lager für ausl. Arbeiter befand. Das hat zu keinen Zeitpunkt in Frage gestanden.

Die Dokumente sind seit über 30 Jahren allgemein bekannt und das Lager ist in der Literatur mehrfach als städtisches Lager beschrieben worden.Was jetzt strittig geworden und bis heute geblieben ist, ist, ob dieses städtische Lager vom Bezirksamt Wilmersdorf geplant, eingerichtet, betrieben oder geleitet wurde.
Die vorgetragenen Argumente, daß das Lager ein städtisches Lager war, sind bis heute nicht widerlegt und die Argumente, daß dieses Lager ein vom Bezirksamt Wilmersdorf betriebenes "Städtisches Ausländerlager für Aufgabenstellung im Verwaltungsinteresse" gewesen sei, nicht bewiesen worden. Auch nicht durch die "Geheimstudie" der Berliner Geschichtswerkstatt, welche nur den Mitgliedern des Kulturausschuss der BVV zugänglich war. Warum wurde diese Erarbeitung so geheim gehalten und nicht zur Diskussion gestellt, wie es eigentlich Uso im wissenschaftlichen Meinungsaustausch üblich ist? 
Es besteht immer noch der Eindruck, daß die Argumentation für ein bezirkliches Lager dadurch gekennzeichnet ist, daß die Dokumente nicht hinterfragt, sondern nur im Sinne des gewünschten Ergebnis interpretiert werden. Daraus resultierende Fragen können nicht mit den Hinweis, daß das alles von führenden Experten bestätigt sei, umgangen werden.

Hier ist eine gewisse Sorglosigkeit im Umgang mit den Dokumenten zu erkennen. 
Die getätigte und immer wieder vorgetragene Aussage, daß die niederländischen Arbeitskräfte, welche im Kriegsverwaltungsbericht des BA erwähnt werden, in der Wilhelmsaue untergebracht waren, kann z.B. nicht belegt werden. Wir wissen es einfach nicht, da kein Dokument darüber Auskunft gibt. Es ist eine z.Z. nicht beweisbare Annahme, aber kein Nachweis dafür, daß das Bezirksamt in der Wilhelmsaue ein Lager betrieben habe.
Nehmen wir als weiteres Beispiel die oft genannten Polizeilisten aus dem Jahr 1946. Auch diese können nicht als Beweis für ein vom Bezirksamt betriebenes Lager herangezogen werden. Sie bestätigen nur, daß sich auf dem Grundstück Wilhelmsaue 39 / 40 ein Lager befunden hat, was bekanntlich von niemanden bestritten wird und nicht bestritten werden kann. Sie enthalten aber keinerlei Informationen über den Betreiber des Lagers.
Nochmals ist darauf hinzuweisen, daß in diesen Listen mehrfach ausl. Arbeiter am Standort Kaiserallee 1 / 12, den damaligen Sitz des Bezirksamt Wilmersdorf aufgeführt sind. War dort evtl. das Lager des Bezirksamt Wilmersdorf? Dieser Frage sollte man mehr Aufmerksamkeit widmen! 
Den tatsächlichen Nachweis darüber, daß das Bezirksamt Wilmersdorf vorübergehend ausl. Arbeiter aus einem städtischen Lager in der Wilhelmsaue beschäftigt hat, hat Frau Dr. Katarzyna Woniak erbracht. Ihre Auswertung erbrachte den sachlichen Beleg dafür, daß die Dienstanweisung des Bezirksbürgermeister vom 30.04.1944: "Betreff: Einsatz ausl. Arbeiter des städtischen Lager (...)" das Lager in der Wilhelmsaue 39 / 40 meint.
Im Wissenschaftsforum Zwangsarbeit - welches jetzt genau 20 Jahre besteht - führte sie klar und deutlich aus, dass es sich bei dem Lager um ein Städtisches Lager handele.
Der oft genannte Lagerführer Giminski wird in den Justizunterlagen des Landesarchiv Berlin in Zusammenhang mit Wilhelmsaue genannt.
Giminski war Lagerführer eines städtischen Lager, siehe Dienstanweisung vom 30.04.1944: "Betreff Einsatz ausl. Arbeiter des städtischen Lager (...)".Dazu ist noch anzumerken, daß die Stadtverwaltung der Reichshauptstadt Berlin entsprechend der Vereinbarung zwischen Sauckel und Ley von Juni 1942, die Leitung und Betreuung seiner Lager an die Deutsche Arbeitsfront abgegeben hat, wie es mehrfach im Dienstblatt der Stadtverwaltung auch ausgeführt wurde. So wurden dt. Arbeitskräfte abgebaut bzw. für andere städtische Aufgaben freigestellt. Darauf wurde bereits mehrfach seit 2017 verwiesen. 
Es darf auch aus diesen Gründen durchaus ernsthaft daran gezweifelt werden, daß das Bezirksamt Wilmersdorf über mehrere Jahre hinweg auf einem ihn nicht gehörigen Areal ein eigenes "Städtisches Ausländerlager für Aufgabenstellung im Verwaltungsinteresse" illegal betrieben hat. Die sachliche Nachweisung ist bis heute nicht erbracht worden.

Autor:

Stefan Knobloch aus Charlottenburg

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