Nummer 1 am Ku’damm: Strabag eröffnet Hochhauskomplex Upper West

Am Ziel: Architekt Christoph Langhof gab dem Upper West eine verschachtelte, komplexe Form – und dennoch blieb sein Werk im Kostenrahmen. | Foto: Thomas Schubert
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Charlottenburg. Ingenieurskunst bis zum Lüftungsschlitz: Nach vier Jahren Bauzeit hat die Strabag Real Estate das Hochhausensemble Upper West für alle Nutzer freigegeben. Aus der Baugrube am Breitscheidplatz wuchs eine 118 Meter hohe Skulptur, in deren Innerem alles möglich ist: vom Schlaf über den Schmaus bis zum Geschäft.

Irgendwo auf hundert Meter Höhe wedelt eine Hand durch die Luft. Sie ragt seitlich aus einer der L-förmigen Fassadenplatten und gehört dem Mann, der ganz beiläufig zeigen will, wie man denn frischen Sauerstoff einlässt, hier oben im Upper West. Thomas Hohwieler, Geschäftsführer des Bauherrn Strabag, führt es vor: Der kühle Hauch strömt eben nicht durch Fenster, sondern durch sonderbare Kiemen neben dem Glas. Wer im Inneren der Büros des Upper West die Wandverkleidung mit einem Griff öffnet, spürt gleich den Luftzug, der über den Schlitz in der Außenhaut um die Ecke weht. Ein Spalt, durch den nicht mehr hindurchpasst als eine Hand.

Wahre Ingenieurskunst

Diese Szene des Eröffnungsrundgangs zeigt, warum man sich in diesem 250 Millionen Euro teuren Prestigeprojekt leicht täuschen kann, warum Thomas Hohwieler von „Ingenieurskunst“ spricht, die im Mai endgültig fertig wurde – im Zeit- und Kostenrahmen. Hier geht es nicht um schiere Höhe, auch wenn der 34-geschossige Turm des Upper West in Charlottenburg nichts mehr über sich hat. Hier geht es um Details. Es wäre naheliegend gewesen, dem Gebäude eine künstliche, zentrale Lüftung zu spendieren. Doch man entschied sich für direkte Frischluft aus Fassadenschlitzen. Man hätte das Upper West, bestehend aus Turm- und Riegelgebäude, ebenmäßig und monolitisch vor die Gedächtniskirche setzen können. Doch es entstand ein komplexes, verschachteltes Wechselspiel aus Rundungen, Kanten, ein amphibienhaftes Netz von Fenstern und Paneelen.

Um die Nahwirkung voll zu ermessen, wählt man den Lieblingsstandort des Architekten Christoph Langhof: direkt vor der Tür zum Motel One in der hofartigen Einbuchtung an der Kantstraße. Hier kann man den Kopf in den Nacken legen und nachempfinden, warum Langhof sein Werk eine Skulptur nennt.

Geheimnis der Außenhaut

„Sie fängt unten eckig an und verjüngt sich nach oben in Sprüngen und endet oben in runden Formen“, beschreibt der Architekt die Idee. Das Upper West solle so wirken, als ob ein Netz als Großform über den einzelnen Etagen liegt. Gerade auf die Nahwirkung legte Langhof besonderes Augenmerk. „Jedes L-förmige Fassadenteil springt entweder vor oder zurück“, verrät er das Geheimnis der Außenhaut, die je nach Lichtsituation nicht nur weiß strahlt, sondern auch bläulich oder gar rosa im Abendrot.

Je nachdem, welchen Eingang der Upper West-Besucher wählt, erschließen sich ihm verschiedene Lebenswelten: Da gelangt man entweder über die Kantstraße ins 582 Betten fassende Motel One, dekoriert mit allerlei Finessen zum Thema Filmgeschichte. Oder man begibt sich über die Nachbartür in eine Lobby, von der Aufzüge die Büros und Kanzleien oberhalb des 18. Stockwerks erschließen. Oder man nutzt den Eingang zum Riegelgebäude am Kurfürstendamm 11 – hier befinden sich vorwiegend Flächen für den Einzelhandel. Schlauer Coup: Das Upper West ist die Nummer eins am Boulevard, weil die ersten zehn Hausnummern nicht vergeben sind.

Arbeiten, schlafen, shoppen

Im 118 Meter hohen Turm kann man sich bei Motel One ab 80 Euro pro Nacht schlafen legen. Oder man bucht sich beim Anbieter Contora ab 40 Euro ein kleines Büro. Oder man kommt im repräsentativ ausgebauten 10. Stock für zehn Euro zum Frühstück. Oder man verwaltet bei WeWork an einem gemieteten Schreibtisch sein Start-up, kauft Schuhe, trinkt auf der Terrasse im 10. Stock Kaffee.

So stark die Untergliederung dieses Komplexes der Eigentümergesellschaft RFR auffällt, so massiv klotzten die Ingenieure bei der Bautechnik. 40.000 Kubikmeter Beton, 5000 Tonnen Stahl, 150 Kilometer Kabel, 75 Kilometer Wasserleitungen – die Daten lesen sich, als könne man mit den Materialien ebensogut eine kleine Stadt erschaffen. Nun blickt man bald oben von der Skybar auf die große Stadt herab. Aber noch hat keiner der drei möglichen Betreiber den Zuschlag erhalten. Und so lange bleibt die Skybar ein kahler Saal. Das oberste Licht im Upper West geht als letztes an. Noch in diesem Jahr. tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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