Büffeln für die zweite Chance
Über ABW-Projekte lassen sich Schulabschlüsse nachholen
Jeder zehnte Jugendliche in Berlin verlässt seine Regelschule ohne Schulabschluss. Der Senat möchte diese Zahl schon lange reduzieren, doch sie hält sich hartnäckig. Gut, dass es Einrichtungen wie die ABW gibt.
ABW – das steht für Arbeit, Bildung und Wohnen. Hinter den drei Buchstaben steht eine gemeinnützige Gesellschaft, die mit drei Projekten retten möchte, was noch zu retten ist. Junge Frauen ohne Schulabschluss können im „Frauenladen“ in der Sophie-Charlotten-Straße 30A die Berufsbildungsreife (BBR) – früher bekannt als Hauptschulabschluss – nachholen. Beim Projekt Berufsbildung kann dann die Prüfung zur Erweiterten Berufsbildungsreife abgelegt werden, Voraussetzung für den Mittleren Schulabschluss (MSA), der beim „Nachschlag“ erworben werden kann. Beide Maßnahmen haben ihre Räumlichkeiten in der nicht weit entfernten Sophie-Charlotten-Straße 83A.
Seit drei Jahren werden die Infoveranstaltungen gemeinsam organisiert, immer im Wechsel. Zuletzt, am 12. März, wurden die Projekte im dritten Obergeschoss der Hausnummer 30A vorgestellt. Der Raum für den „Frauenladen“ war bis auf den letzten Platz besetzt, bei der Berufsbildung saßen acht junge Männer und Frauen, die sich für einen Ausbildungsplatz qualifizieren wollen. „Das Interesse schwankt wirklich sehr stark. Manchmal kommen nur zwei, beim nächsten Mal platzen unsere Räume aus allen Nähten“, sagt Antje Kaczmarek, Lehrerin im Schulprojekt Frauenladen und für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich.
Die Gründe sind vielschichtig
Sie erklärt, warum es für die Senatsverwaltung ein Kampf gegen Windmühlen ist, die Zahl der Jugendlichen ohne Abschluss einzudämmen: „Die Gründe sind vielschichtig. Mobbing, Schuleschwänzen, häusliche Gewalt, Drogen oder früh Mutter geworden, viele stammen aus bildungsfernen Familien – da ist die komplette Bandbreite dabei.“ Nach einer gewissen Zeit falle dann der Groschen, dass es in Deutschland ohne Schulabschluss fast unmöglich ist, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Dann führt der Weg oft zum ABW.
Nicht alle sind mit dem nötigen Ernst dabei
Das bedeute aber nicht, dass auch alle Projektteilnehmer dann mit dem nötigen Ernst bei der Sache sind. „Hausaufgaben machen, Anwesenheitspflicht, Verbindlichkeit – da sind wir hinterher und damit kommen nicht alle zurecht, gerade wenn die Schulzeit schon etwas länger zurückliegt“, weiß Kaczmarek. Und selbst wenn die Arbeitshaltung stimme, würde die Klientel ihren Rucksack voller Probleme ja trotzdem noch mit sich herumschleppen. „Deshalb werden unsere Projekte auch von Sozialpädagogen begleitet. Und wir laden immer wieder Fachleute ein, beispielsweise zu den Themen Schuldnerberatung oder Lernmethodik. Das Wort Schule an sich ist ja bei den meisten Teilnehmern sehr negativ behaftet.“
Die ABW hält sich an den gängigen Lehrplan, denn am Ende der Kurse stehen externe Prüfungen an, die über den Senat laufen. Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung ist es auch, die zusammen mit dem Europäischen Sozialfonds (ESF) den Frauenladen fördert. Zum Projekt Berufliche Bildung kommen junge Menschen, die einen Bildungsgutschein des Jobcenters in der Tasche haben und der „Nachschlag“ wird von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie unterstützt.
Hohe Erfolgsquote
Antje Kaczmarek und ihre Mitstreiterinnen haben Tage, da sind sie erschöpft, weil sie eben auch viel im sozialpädagogischen Bereich arbeiten müssen. Die hohe Erfolgsquote bestärkt sie allerdings darin, den Besuchern ihrer Kurse eine zweite Chance zu ermöglichen. „Es motiviert enorm, wenn es jemand durchzieht und schafft.“
Die nächsten Termine für die Informationsveranstaltungen sind am 16. April, 14. Mai und 4. Juni. Beginn ist jeweils um 13.30 Uhr. Die jeweiligen Adressen finden sich auf der Homepage www.abw-berlin.de.
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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