Geschäftsleute: Niedergang der Wilmersdorfer Straße
Eigentlich würden sie sich lieber um ihre Geschäfte kümmern. Doch längst geht der Arbeitsauftrag von Peter Schönbrunn und Thomas Bong über die Tätigkeiten von Kaufleuten weit hinaus. Denn sie führen als Verantwortliche der AG Wilmersdorfer Straße einen Kampf gegen den Verfall der einzigen Fußgängerzone Berlins. Zu Gast im Ausschuss für Ordnungsangelegenheiten zeichneten die beiden ein düsteres Lagebild und baten die Politik um Hilfe: Das fest angestammte Drogenmilieu, eine starke Zunahme von Diebstählen, Punks, die ihre freilaufenden Hunde mit Schlachtabfällen spielen lassen, während sich Ordnungsamtsmitarbeiter "wegducken" - die Liste der Klagen ist lang.
Besonders heikel: Drogenspritzen auf dem Wühltisch und Hotels, die Blutflecken an der Fassade überpinseln lassen müssen. Was Schönbrunn und Bong vom Bezirk fordern, ist mehr Polizeipräsenz, mehr Courage beim Durchsetzen von Ordnung und eine Schließung der kaum zumutbaren City-Toilette. "Ich sehe ein Kippen der Straße", mahnt Schönbrunn, bekannt als Centermanager der Wilmerdorfer Arcaden.
Zugleich kursiert ein Brandbrief, den von Bezirkspolitikern bis hin zum Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit alle Entscheidungsträger erhalten haben. Der Verfasser: ein Mann namens Wolfgang Seitz - als Anwohner der Niebuhrstraße Zeuge der Verwahrlosung des Kiezes, insbesondere an der Bahnunterführung. Taubendreck, Uringestank und bettelnde Menschen, die im Dunkeln kauern, bereiteten ihm solches Unbehagen, dass er sein Hilfegesuch in Umlauf brachte. "Hier muss ein Gesamtkonzept her", fordert Seitz, "aber es braucht auch sofortige erste Schritte."
Tiefgreifende Lösungen sind derweil nicht in Sicht. "Es wäre unfair, das Problem anderen vor die Füße zu werfen", warnt Christoph Wappler von den Grünen vor einer Verdrängung der unliebsamen Szene durch die Polizei. Gefragt sei Prävention statt Repression.
Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte (SPD) zeigt zwar Verständnis für die Schwierigkeiten mit Drogenkranken und Provokateuren, weist aber darauf hin, dass die bloße Anwesenheit nicht zu ahnden ist: "Man darf sich auf öffentlichem Straßenland hinsetzen. Verboten ist nur aggressives Betteln." Gleichwohl werde er das Ordnungsamt veranlassen, verstärkt auf die Einhaltung von Bestimmungen, besonders auf die Leinenpflicht für Hunde, zu achten.
Auch wenn die Experten der SPD und Grünen davon abraten, die Szene wegzudrängen, hält Gerald Mattern von der CDU das Durchgreifen mit harter Hand sehr wohl für zielführend. Denn Unruhestifter gewähren zu lassen, setze aus seiner Sicht das falsche Signal. "Wir können nicht sagen: Die Wilmersdorfer Straße ist Euer Paradies." An einem Runden Tisch wollen alle Beteiligten nun geeignete Schritte beraten.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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