Der Preis des City West-Booms: McDonald’s zu, Gloria Palast droht der Abriss

Einer Ku'damm-Ikone droht der Abbruch: Dicke Holzstützen am Gloria Palast deuten an, wie schlecht es um die 50er-Jahre-Fassade bestellt sein muss. | Foto: Thomas Schubert
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Charlottenburg. Mehr Handelsfläche, weniger Tradition: Zwei neue Einkaufszentren drücken feste Instanzen ins Abseits: Die „Mall of Ku'damm“ lässt Karstadt-Mitarbeiter zittern. Und eine Einkaufspassage bedroht den Gloria-Palast und verdrängt McDonald’s in „Mampes Guter Stube“.

Die Burger sind gegessen, die Pappbecher geleert. Junge Leute verspeisten Schnellgerichte, wo schon ihre Großeltern in „Mampes Guter Stube“ beisammensaßen. Jetzt hat eines der bekanntesten McDonald’s-Restaurants Berlins in einem Lokal mit Wurzeln bis ins Jahr 1918 aufgehört zu existieren. Zwischen prächtigem Stuck und nostalgischem Ofen Kalorien zuführen – seit dem 24. Oktober Geschichte. Am Kurfürstendamm 15, in einem der stattlichsten Gründerzeitgebäude des Boulevards, gingen recht plötzlich die Lichter aus. Und wer das jähe Nutzungsende verstehen will, muss die ganze Häuserzeile betrachten. Bis hinauf zum neu entstehenden Upper West.

Altbau ist Sanierungsfall

Hier planen die Eigentümer RFR (sie besitzt auch das Upper West) und die Centrum Holding aus Düsseldorf ein neues Einkaufsensemble, das sich über drei Gebäude erstreckt. Eines ist der denkmalgeschützte Altbau Ku'damm 15, laut Centrum ein Sanierungsfall. Das zweite ein recht junges Haus mit Hausnummer 14, wo derzeit noch die Kette „Goertz“ Schuhe verkauft. Das dritte der Gloria Palast am Kurfürstendamm 12. Während die Nummer 14 einem Abriss und Neubau entgegenblickt, versuchen Denkmalschützer dem Gloria dieses Schicksal zu ersparen.

Kein leichtes Unterfangen. Denn bei Baustadtrat Marc Schulte (SPD) stapeln sich Gutachten zur schadhaften Fassade. „Einiges scheint hier nicht so stabil zu sein, wie man meinen kann“, lässt Schulte die Öffentlichkeit wissen. Doch zustimmen kann er dem Abriss keinesfalls. Eher sollen die Investoren alle Mittel ausschöpfen, um das Vorhandene zu ertüchtigen, auch wenn Steinrestaurateure alle Register ziehen müssten und dies am Ende teurer wird als ein Neubau. „Wir haben hier einen 1A-Standort für den Handel. Und wenn man Investoren hier nicht zumuten kann, teure Sanierungsarbeiten zu leisten, wo dann?“, pocht Schulte auf den Erhalt. Mögen andere City West-Ikonen sterben – die leere Hülse des Gloria will die Politik retten, koste es, was es wolle.

Burger in den Terrassen am Zoo

So willigte Centrum-Geschäftsführer Peter Knopf ein, weiterer Untersuchungen zur Bewahrung des 1953 eröffneten Kinos durchzuführen, um den Aufwand zur Wahrung der früheren Berlinale-Spielstätte zu beziffern. Doch Filme laufen hier seit fast 20 Jahren nicht mehr – und es wird so oder so keine andere Nutzung geben als jene für den Einzelhandel.

Während die Prüfungen andauern, widmen sich die Eigentümer dem Prunkbau am Ku'damm 15, der zwar nun das historische Mampe-Restaurant verlor, aber als Ganzes sogar gewinnen soll. „Die charakteristischen Elemente der historischen Substanz sollen wieder herausgearbeitet werden“, verspricht Knopf.

McDonald’s-Kunden finden ab dem 9. November in den Terrassen am Zoo Ersatz, wo die amerikanische Kette im Bahnhofsvorbau eine andere denkmalgeschützte Prestige-Immobilie bezieht. Dem Vernehmen nach wird man hier neue Wege gehen und den Gästen sogar einen Service mit Bedienung bieten.

Was wird aus Karstadt?

So führt der Tod der alten Instanzen in der City West zum Entstehen neuer Fixpunkte. Ob das auch für das Karstadt-Haus gegenüber vom Gloria Palast gilt? Hier stehen nach Medienberichten bis zu 193 Arbeitsplätze auf der Kippe. Denn während die österreichische Signa-Gruppe wahrscheinlich ab 2017 einen Umbau des früheren Wertheim-Warenhauses und seiner Nachbarbauten zur „Mall of Ku'damm“ unternimmt, pausiert dort der Verkauf. Jedoch soll der Standort durch die Entwicklung des neuen Einkaufszentrums langfristig gesichert sein.

Nach der Fertigstellung des Projekts im Jahre 2020 eröffnen im dann erweiterten Karstadt-Komplex laut Signa 230 Läden auf 65 000 Quadratmetern Fläche, wobei offen bleibt, inwiefern sich das jetzige Warenhaus zu den restlichen Shops verhält. Es handele sich um einen „attraktiven Mix an Händlern im Bereich Lebensmittel, Elektronik und Fashion. Der heutige Mieter Karstadt ist zentraler Bestandteil dieser Entwicklung“, lautet Signas Versprechen. Das Ende der Geschichte dürfte aber auch im Falle Karstadt der Prolog einer neuen sein. tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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