Mit Hitze, Dampf und Geschick
Modistin Susanne Gäbel fertigt schöne Hüte

Echtes Handwerk mit Leidenschaft: Susanne Gäbel ist auf den Hut gekommen.  | Foto: Ulrike Kiefert
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Susanne Gäbel ist auf den Hut gekommen. In ihrer Manufaktur in der Mommsenstraße fertigt die Charlottenburgerin schöne Hüte für Frauen und Männer und alle Jahreszeiten. Auch für Filmproduktionen wie „Babylon Berlin“ hat die Modistin schon designt.

Klassisch, verspielt oder ausgefallen. Susanne Gäbel schneidert Hüte in allen möglichen Formen, Farben, Größen und Stärken. Bis hoch zur Decke hängen die handgemachten Kopfbedeckungen in ihrem kleinen, aber feinen Damensalon in der Mommsenstraße 69. Schlapphüte und Fascinators, Headpieces und Fedoras, Trilbys und Baskenmützen, Strohhüte und Federhüte. In rund oder oval, verziert mit bunten Bändern oder einfarbigen Schleifen, aus Filz, Stroh, Seide, Leder oder Kaninchenhaar. Einige Hüte sind detailreich und farbenfroh designt, andere eher schlicht, passen dafür aber zu fast jedem Look. „Ich habe das Handwerk gelernt, um etwas Kreatives zu machen“, sagt Susanne Gäbel. „In echter Handarbeit und bester Qualität.“ Was sie als Hutmacherin braucht, sind Geduld, Leidenschaft und einen Sinn für Formen und Farben. „Ich persönlich liebe es bunt und kombiniere gern queere Farben. Honigbraun mit Lila zum Beispiel.“ Ihre schönen Wegbegleiter in Hutform gibt es auch für Männer. Der Herrensalon ist ein paar Hausnummern weiter.

"Filz ist ein tolles Material"

Die Hüte entwirft Susanne Gäbel in ihrer Werkstatt. Mit Hitze, Wasserdampf und geschickten Händen. Gerade sitzt sie über einer Auftragsarbeit, einem Herrenhut in Royalblau. „Eine Ehefrau will damit ihren Mann überraschen.“ Besonderes Detail ist das Hutband in den Vereinsfarben der „Eisbären Berlin“. Susanne Gäbel lacht. „Wenn’s passt, erfülle ich jeden Wunsch.“ Zehn Stunden braucht die Modistin im Schnitt für einen Hut. Das Modell entwirft sie im Kopf, Stift und Papier braucht sie nicht: „Der Hut entsteht beim Machen.“ Vom Zuschnitt des Stoffes bis zum fertigen Kunstwerk sind es mehrere Arbeitsschritte. Der Filz zum Beispiel muss vorgedämpft werden, bevor ihn Susanne Gäbel mit dem Bügeleisen, ihrem Hauptrequisit, glatt bügelt und über die passende Holzform zieht. Am Rohling wird der Hut in Form gebracht. Mit Filz arbeitet die Hutmacherin am liebsten. „Das ist ein tolles Material, der verformt sich später nicht und franst nicht aus.“ Filz kann man allerdings nicht gut färben wie andere Stoffe. Zum Schluss macht Susanne Gäbel den Hutrand fertig, näht das Futterband ein und dekoriert mit klassischem Band, Schleife oder dem sogenannten Einfass. Das ist ein modisches Stoff- oder Ripsband am äußersten Rand der Hutkrempe. Ist alles fertig, wird der Kunde oder die Kundin zur Anprobe bestellt. 20 Aufträge hat Susanne Gäbel momentan in Arbeit.

Hutmacherei ist ein aussterbendes Handwerk

In ihren Beruf ist sie „so reingerutscht“, sagt die 53-Jährige. Aufgewachsen ist sie auf einem Bauernhof in Niedersachsen, wollte eigentlich Damenschneiderin werden und lernte auch schon bei einer Modedesignerin. „Die machte auch Hüte und ich war sofort begeistert.“ Susanne Gäbel beschloss Modistin zu werden. „Klamotten schneidern kann ich, wenn ich Rentnerin bin.“ Ihre Hutkreationen verkauft die Meisterin seit mittlerweile 24 Jahren in der Mommsenstraße. „Ich bin schon lange hier und habe treue Stammkunden“, sagt Susanne Gäbel. „Das ist mein Vorteil.“ Denn die Hutmacherei ist ein aussterbendes Handwerk, weil der Nachwuchs fehlt und sich kleine Salons Azubis und Angestellte kaum leisten können. Auch würden Hüte kaum noch getragen, zumindest nicht in Berlin, meint Gäbel. „Man macht sich nicht mehr schön, will nicht auffallen.“ Beim Hut geht es aber genau darum. „Er hebt dich ab von der Masse, macht dich schön und lässt sich zu jedem Anlass tragen.“ Man brauche nur eine Prise Selbstbewusstsein dafür.

Wer unsicher ist, welches Modell der eigenen Kopfform schmeichelt, kann sich von Susanne Gäbel gern beraten lassen und Modelle ausprobieren. Welcher Hut perfekt ist, erkennt sie zwar nicht auf Anhieb. „Aber ich sehe sofort, ob ein großer oder kleiner Hut zur Gesichtsform passt.“ Oft kommen Kundinnen herein und wollen einen blauen oder grünen Hut, erzählt Susanne Gäbel. „Ich sage dann, wichtig ist, was Ihnen steht, die Farbe kriege ich im Nachhinein hin.“ Ihre Hüte trägt sie natürlich auch gern selbst. Aber nicht jeden Tag. „Ich genieße es, auch mal oben ohne zu sein.“

Kopfbedeckungen für Bühne und Film

Mit ihrer Kunst begeistert Susanne Gäbel national und international. Für das Berliner Ensemble, die Komödie am Kurfürstendamm und die Schaubühne kreiert sie regelmäßig. Sie hat unter anderem Sänger und Schauspieler der Salzburger Festspiele, der Festspiele Baden-Baden und der Metropolitan Opera New York behütet und für die Filmproduktionen „Babylon Berlin“ und Michael Hanekes „Das weiße Band“ historische Nacharbeitungen und besondere Hüte angefertigt. Dazu wurde Susanne Gäbel seit ihrer Laufbahn als Modistin mit verschiedenen Preisen geehrt. So erhielt sie beispielsweise 2009 den Landespreis für gestaltendes Handwerk und 2015 den Monika-Thiemen-Preis „Frau in Verantwortung“. Größtes Lob für sie persönlich aber ist, „wenn eine meiner Kundinnen gefragt wird: Mensch, wo hast du denn den tollen Hut her?“

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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