Babylon im Bezirk
Eine TV-Event und sein lokaler Bezug

Kommissar Gereon Rath, gespielt von Volker Bruch, auf dem Weg in seine Wohnung. Die befindet sich zunächst am Wassertorplatz. | Foto: ARD Degeto
  • Kommissar Gereon Rath, gespielt von Volker Bruch, auf dem Weg in seine Wohnung. Die befindet sich zunächst am Wassertorplatz.
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  • hochgeladen von Thomas Frey

Die ARD kündigt die Serie als Fernsehereignis des Jahres an. Am 30. September startet im Ersten der Mehrteiler "Babylon Berlin". Insgesamt zwölf Folgen gibt es in der ersten Staffel. Sie laufen, teilweise auch hintereinander, nach dem Start an einem Sonntag bis Ende Oktober immer am Donnerstag.

"Babylon Berlin" wurde vor knapp einem Jahr bereits beim Bezahlsender Sky gezeigt. Die Kooperation beider Anstalten bedeutet ebenfalls Neuland. Mit bisherigen Produktionskosten in Höhe von rund 40 Millionen Euro handelt es sich um die bisher teuerste deutsche Fernsehproduktion. In Szene gesetzt wurde sie unter anderem von Regisseur Tom Tykwer.

"Babylon Berlin" basiert auf den Kriminalromanen des Autors Volker Kutscher. Sie beginnen 1929, also in der Endphase der Weimarer Republik und reichen mittlerweile bis in die Nazizeit. Im Mittelpunkt steht Kriminalkommissar Gereon Rath, der, wie sein Erfinder, ursprünglich aus Köln stammt. Eine weitere wichtige Figur ist seine Kollegin und spätere Partnerin Charlotte Ritter. Und ebenfalls in der Hauptrolle: die Stadt Berlin.

Volker Kutscher hat schon in seinen Büchern die Szenerie der damaligen Zeit sehr gut eingefangen. Im Film rückt sie noch mehr in den Vordergrund; fast aggressiv wird damit geworben. Berlin zwischen Armut, Amüsement und Abgrund, der schon berüchtigte Tanz auf dem Vulkan. Klischees vor realem Hintergrund. Schon der Titel verweist darauf.

Auch der heutige Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg leistet dabei einen nicht unwesentlichen Beitrag. Denn dort spielen oft die Ereignisse in Buch und Film, sind viele Protagonisten verortet. Kommissar Rath wohnt zum Beispiel einige Zeit am Wassertorplatz. Laut angegebener Adresse in einem Haus, das im Krieg zerstört wurde. Die Gegend um den heutigen Ostbahnhof ist immer wieder ein wichtiger Schauplatz. Schon weil sie zur damaligen Zeit als berüchtigtes Quartier der Halb- und Unterwelt galt. Eine Verbrecherjagd findet ihren Abschluss auf der Baustelle des gerade entstehenden Karstadt-Kaufhauses am Hermannplatz. Ein Buchtitel lautet "Die Akte Vaterland". Tatort ist der zu dieser Zeit wahrscheinlich bekannteste Vergnügungstempel der Stadt das "Haus Vaterland". Es befand sich am Ende der Stresemannstraße, an der Südseite des Potsdamer Platzes. Die Liste der örtlichen Mitspieler ließe sich noch erweitern. Manches, was sich an diesen und weitere Orten zuträgt, lässt sich ohne weiteres in die heutige Zeit transportieren. Anderes dagegen kaum.

Es sieht nach 90 Jahren, in denen nicht zuletzt ein Weltkrieg lag, fast überall anders aus. Weshalb die Filmszenen, die in Friedrichshain-Kreuzberg anno 1929 spielen, in der Regel nicht in Friedrichshain-Kreuzberg gedreht wurden. Das "Haus Vaterland" ist ebenso bereits vor Jahrzehnten verschwunden wie das Plaza-Varieté am heutigen Franz-Mehring-Platz. Aus der Großen Frankfurter Straße wurde die Karl-Marx-Allee. Wo Mietskasernen standen, gibt es jetzt oft Hochhäuser.

Aber es finden sich auch Parallelen und Anknüpfungspunkte. Verruchte und lasterhafte Exzesse wurden schon damals gerne speziell in Friedrichshain verortet. Manches, was in anderen Stadtteilen befremdet hätte, war dort möglich. Und das alles vor dem Hintergrund einer heraufziehenden Katastrophe.

Deshalb ist "Babylon Berlin" nicht nur eine Krimireihe, die in einer spannenden und gleichzeitig tragischen Epoche angesiedelt ist. Sondern sie transportiert manchmal fast nebenbei eine Menge Lokalkolorit. Nicht immer ist er sofort zu entdecken. Aber er spielt mit.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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