„Ich bin ja jemand, der nichts mehr will“
Bereits 40 Menschen hat Joachim Brunner als Ehrenamtlicher auf ihrem letzten Weg begleitet

Joachim Brunner auf dem Flur des Franziskus-Krankenhauses. Er ist ehrenamtlich im ambulanten Hospizdienst „Hospiz West“ tätig. | Foto:  Claudia Pfister
  • Joachim Brunner auf dem Flur des Franziskus-Krankenhauses. Er ist ehrenamtlich im ambulanten Hospizdienst „Hospiz West“ tätig.
  • Foto: Claudia Pfister
  • hochgeladen von Claudia Pfister

Joachim Brunner eilt federnden Schritts, mit modisch-gelber Daunenjacke und schwarzer Jeans bekleidet, durch den neonbeleuchteten Gang in der zweiten Etage des Franziskus-Krankenhauses in Tiergarten. Das, was ihn hinter einer der Türen erwartet, ist der Tod.

Das klingt zunächst einmal dramatisch. Aber Joachim Brunner ist so etwas wie ein guter Geist für die, die das Ende ihres Lebens erreicht haben. Er ist ehrenamtlicher Lebens- und Sterbebegleiter im Hospizdienst des Kompetenzzentrums Palliative Geriatrie innerhalb des Unionhilfswerk.

Kurs absolviert

Seit gut vier Jahren begleitet Joachim Brunner Menschen auf ihrem letzten Weg. Zuvor absolvierte er einen Kurs zum ehrenamtlichen Lebens- und Sterbebegleiter. Das Dasein für andere war für den 52-Jährigen schon durch sein Engagement als Küster in der heimatlichen Kirchengemeinde in Bayern selbstverständlich: „Sich um Menschen zu kümmern, war einfach normal.“

An seine erste Begleitung erinnert sich Joachim Brunner noch gut: ein alter Herr – im gleichen Jahrgang wie sein Vater. Sieben Monate lang besuchte er ihn zu Hause. „Diesem Mann beim Sterben zur Seite stehen zu können, war ein gutes Gefühl“, sagt Brunner. „Aber es ist trotzdem ein Abschied, der schmerzt. Man muss sich erst an die Tatsache gewöhnen, jemanden kennenzulernen, um ihn vielleicht schon nach wenigen Tagen wieder zu verlieren.“

Mauern überwinden

Das ist nicht immer leicht. Und es gibt auch erst einmal die Hemmung, auf jemanden zuzugehen – schließlich ist das Sterben etwas sehr Intimes. Doch seien die meisten Menschen dankbar für einen Besucher zum Reden oder Schweigen, Weinen und auch Lachen. „Ich bin ja jemand, der nichts mehr will. Der kein Blut abnimmt, keine Spritze gibt, sich nicht aufdrängt“, so Brunner. Doch müsse man auch akzeptieren, wenn ein Patient alle Angebote ablehnt, niemanden mehr sehen will. Jeder habe schließlich das Recht, sein Leben so zu beschließen, wie er es will, ist Brunner überzeugt. Häufig gibt es aber einen Weg, die Mauer aus Abwehr und Angst, aus Wut über das Schicksal zu durchbrechen: Zuhören, Berührungen, stille Präsenz können Menschen helfen, die sich mit dem Unfassbaren abfinden müssen: dem nahenden Tod.

Das Ende zu begreifen, das Unausweichliche zu akzeptieren – das ist es, was sterbende Menschen wohl am meisten beschäftigt. Joachim Brunner hat das schon oft erlebt. Es ist ein Prozess, bei dem Ehrenamtliche wie er den Menschen unterstützend zur Seite stehen. Das sei manchmal schwer zu ertragen. „Man muss wissen, was man sich zutrauen kann.“

40 Tode waren es bisher, die sich Joachim Brunner zugetraut hat. Manchmal kommt das Ende abrupt, schon nach einem Besuch. In der Regel kommt er aber vier- bis fünfmal zu den Menschen. Wird jemand aus dem Krankenhaus entlassen, weil er daheim oder in einem Hospiz sterben möchte, dann begleiten Brunner und seine Mitstreiter den Menschen auch dort.

Psychologische Begleitung

Für die nötige Reflexion des Erlebten sorgen monatliche Zusammenkünfte der Lebens- und Sterbebegleiter. Außerdem gibt es Beratungen durch eine Psychologin, die Brunner bei Bedarf auch jederzeit kontaktieren kann. „Die Begleitungen sind für mich jedes Mal wie ein Abtauchen in eine andere Welt. Die Uhren ticken anders, das macht sehr demütig und dankbar für das eigene Sein“, sagt er.

Wer Interesse an diesem wichtigen und verantwortungsvollen Ehrenamt hat oder eine hospizliche Begleitung sucht, erfährt telefonisch mehr unter Tel. 78 82 22 45 und im Internet auf www.hospiz-fuer-berlin.de.

Autorin Claudia Pfister ist für die Öffentlichkeitsarbeit der Zentralen Anlaufstelle Hospiz (ZAH) beim Unionhilfswerk tätig.

Autor:

Claudia Pfister aus Tempelhof

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 710× gelesen
WirtschaftAnzeige
JRB DER HEIMWERKER hat alles, was Ihr Weihnachtsfest schöner macht. | Foto: JRB DER HEIMWERKER

JRB DER HEIMWERKER
Alles für Advent und Weihnachten

JRB DER HEIMWERKER hat ein stimmungsvolles und umfangreiches Angebot im Weihnachtsmarkt für Sie, liebe Kunden, zusammengestellt. Im EG. und 1. OG, das Sie bequem mit Rolltreppe oder Aufzug erreichen können, erwartet Sie eine große Auswahl an Weihnachtsdekoration. Christbaumkugeln und Spitzen in vielen Farben und Formen sowie viele Deko-Artikel, Figuren sind in großer Auswahl vorhanden. Das wichtigste ist ein guter Weihnachtsbaumständer und natürlich die Beleuchtung. Wir führen Lichterketten,...

  • Köpenick
  • 27.11.24
  • 756× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 437× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 42.500 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade und Mariendorf. Damit können weitere rund 42.500 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt zwei Millionen Anschlüsse in Berlin zu ermöglichen. Schnell sein...

  • Frohnau
  • 11.12.24
  • 892× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.824× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.