Diskussion um Obdachlose am Bahnhof Lichtenberg hält an
„Keine schnelle Lösung“
Die Beschwerden von Anwohnern, Passanten und Reisenden über das Obdachlosencamp am Vorplatz des Bahnhofs Lichtenberg mehren sich. Lichtenbergs CDU hat wiederholt vom Bezirksamt gefordert, das Camp räumen zu lassen. Bürgermeister Michael Grunst (Die Linke) hält davon aber nichts.
Als der Berliner Senat und die Verkehrsbetriebe den Bahnhof Lichtenberg im vergangenen Herbst zu einem von nur zwei Kältebahnhöfen der gesamten Stadt erklärten, machten von dieser Möglichkeit entsprechend viele Obdachlose Gebrauch. Den ganzen Winter über suchten Menschen ohne Bleibe dort Schutz, überwiegend im Durchgang von der Weitling- zur Siegriedstraße. Und einige blieben – auch nach dem Ende der Kältehilfesaison. Zwar nicht in der Unterführung, die mit Frühlingsbeginn geräumt wurde. Sie lagern nun draußen, neben dem U-Bahneingang an der Weitlingstraße.
Über dieses Camp wird im Bezirk seit Wochen diskutiert. So hat die CDU-Fraktion der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gefordert, die Situation umgehend zu beenden. „Das ist keinem der Beteiligten zuzumuten“, so Benjamin Hudler, Vizevorsitzender der CDU-Fraktion. „Obdachlose kampieren in den Fahrradabstellanlagen und Passanten fühlen sich von deren Auftreten belästigt. Der Vorplatz zeigt teilweise das Erscheinungsbild einer Toilette, welche nur mit Mühe von der BSR gepflegt werden kann. Es braucht jetzt schnelle, gemeinsame Maßnahmen aller Verantwortlichen.“ Auch der CDU-Kreisvorsitzende Martin Pätzold hat sich eingeschaltet: „Obdachlose Menschen brauchen unsere Unterstützung. Im Tagestreff in der Weitlingstraße gibt es konkrete Hilfe. Die Besetzung des öffentlichen Raumes ist jedoch nicht akzeptabel.“ Hudler fordert von Bürgermeister Michael Grunst, seine „Blockade aufzugeben, damit Sicherheit und Ordnung wiederherstellt werden können“.
"Es geht schließlich um Menschen"
Das Camp räumen zu lassen, kommt für den Rathauschef aber nicht infrage. „Sicher ist es nicht schön, Armut zu sehen, aber eine schnelle Lösung wird es hier nicht geben“, sagt er. „Es geht schließlich um Menschen.“ Eine Räumung würde die Obdachlosen nur in den Kiez verdrängen, und das wolle man vermeiden. Grunst verweist auf eine Schule und die Skaterbahn in der Nähe. Auf keinen Fall solle sich das Lager in diese Richtung verlagern.
Er habe in den vergangenen Wochen viele Gespräche geführt, so der Bürgermeister – auch mit den Obdachlosen selbst. Einige würden gern weg vom Bahnhof, berichtet er. Voraussetzung sei aber, es fände sich ein alternativer Ort für sie, etwa in einem der selbst organisierten Zeltlager, den sogenannten Safe Places. Das gestalte sich jedoch nicht so einfach.
Es wird öfter geputzt,
ein Alkoholverbot wird geprüft
Das Bezirksamt verfolgt nun am Bahnhof Lichtenberg eine Strategie aus mehreren Bausteinen. So ist die Stadtreinigung bereits häufiger vor Ort. Außerdem werde geprüft, ob ein Alkoholverbot am Bahnhofsvorplatz rechtlich durchsetzbar sei, so Grunst. Das böte eine Handhabe, um die ebenfalls dort versammelte Trinkerszene fern zu halten. Generell sollen Ordnungsmaßnahmen verstärkt werden. „Natürlich geht es nicht, dass die Obdachlosen an den Fahrradständern übernachten oder den Fahrstuhl blockieren. Menschen mit Behinderungen müssen da durchkommen, und Einschränkungen für die Reisenden sind auch nicht akzeptabel. Dagegen werden wir ordnungsbehördlich vorgehen.“
Das Bezirksamt denkt ferner über eine Art Platzmanagement für die Fläche zwischen Bahnhof und Weitlingstraße nach. Nicht zuletzt setzt Michael Grunst auch weiter auf die Sozialarbeit von Vereinen wie Karuna, Gangway oder dem Humanistischen Verband, der den Tagestreff in der Weitlingstraße betreibt. Die Menschen bräuchten diese Hilfe. Aber er schließt aus, dass der Bahnhof Lichtenberg im kommenden Winter wieder zum Kältebahnhof deklariert wird. „Es muss und wird andere Angebote geben.“
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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