Abschied vom dicken Wintermantel
Die jährliche Schafschur im Landschaftspark durften Kindergruppen noch miterleben

"Kapuzen auf" lautete die Devise an diesem nasskalten Märztag. Die Schafschur fand trotz des widrigen Wetters statt. | Foto: Berit Müller
9Bilder
  • "Kapuzen auf" lautete die Devise an diesem nasskalten Märztag. Die Schafschur fand trotz des widrigen Wetters statt.
  • Foto: Berit Müller
  • hochgeladen von Berit Müller

Es dürfte einer der letzten Termine gewesen sein, die vor der Corona-Krise noch wie geplant in Lichtenberg stattfanden: Zur jährlichen Schafschur im Landschaftspark Herzberge kamen auch diesmal Kita- und Grundschulgruppen aus ganz Berlin. Wenn es ein paar weniger waren, als üblich, lag das eher am nasskalten Wetter.

„Frieren die Schafe denn nicht?“ lautet so auch die mit Abstand am häufigsten gestellte Frage der kleinen Zuschauer. Angesichts einstelliger Temperaturen und Dauernieselregen eine verständliche, aber unnötige Sorge, wie Schäfer Matthias Breutel erklärt. „Den Tieren fehlt die Wolle nicht. Im Gegenteil, sie können sich jetzt viel besser bewegen.“ Außerdem sei diese Art besonders robust. „Unsere Schafe leben das ganze Jahr draußen, selbst bei Minusgraden. Denen ist nicht kalt.“

Eine Kindergruppe nach der anderen darf an diesem ungemütlichen Märzvormittag ausnahmsweise auf die umzäunte Wiese im Landschaftspark Herzberge – und aus nächster Nähe verfolgen, wie die Paarhufer von ihren anthrazitfarbenen Wintermänteln befreit werden.

Die Schafschur zählt zu den Attraktionen im Park. Im Rahmen seines Angebots zur Umweltbildung lädt der Verein Agrarbörse Deutschland Ost jedes Jahr Kitas und Schulklassen dazu ein. Die Kleinen können nicht nur beim Scheren zuschauen, sondern auch Fragen rund um die Tiere loswerden. Mit ein bisschen Glück lassen sich die Schafe streicheln. Anschließend wird an Basteltischen neben der Koppel mit Naturmaterial gewerkelt. So nehmen die Kinder noch ein mit frischer Wolle beklebtes Holzschäfchen mit nach Hause.

Tut das dem Schaf nicht weh?

Die Prozedur selbst verfolgen die meisten mit einer Mischung aus Interesse und Skepsis. „Das Rasieren gefällt dem Schaf nicht“, raunt ein Erstklässler seinem Nachbarn zu. Auch ein Mädchen fragt, ob’s dem Tier wirklich nicht weh tue. Ein anderes erkundigt sich beim Team der Agrarbörse, was denn mit der Wolle passiere. Die gehe überwiegend in die Industrie, sagt Andreas Plank von der Geschäftsführung. Zum Beispiel werde Dämmmaterial daraus gemacht. „Für Pullover, Mützen oder Strümpfe eignet sich diese Wolle nicht, die würde keiner gern tragen.“ Der Name deutet es an: Das Vlies der Rauhwolligen Pommerschen Landschafe zeichnet sich nicht gerade durch kuschelweiche Qualität aus.

Der Verein hält die Tiere aber sowieso nicht zum Zwecke der Woll-, Milch- oder Fleischgewinnung. Aufgabe Nummer Eins der Herde ist die Landschaftspflege im circa 100 Hektar großen Park. Mit den Nasen am Boden ziehen die Schafe dort von Koppel zu Koppel, knabbern fast jeden Halm ab – und verhindern so ungewollten Wildwuchs. 50 Muttertiere sind es aktuell, schon in wenigen Tagen dürften mindestens noch einmal so viele pechschwarze Lämmer über die Wiesen tollen.

Belebtes grünes Kleinod

Das grüne Kleinod nahe dem Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge wurde ab 2003 auf ehemaligen Industrieflächen angelegt. Weite Teile des Parks sind mittlerweile als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Streuobstwiesen, Weiden, Pfuhle und kleine Waldstücke bieten einer Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten eine Heimat. In friedlicher Nachbarschaft zu den Schafen leben seit einiger Zeit auch Zauneidechsen. Die Reptilien waren zuvor auf dem Rangierbahnhof Schöneweide daheim, sie wurden von Naturschützern in den beschaulicheren Lichtenberger Park umgesiedelt.

Die Pommerschen Landschafe weiden seit 2009 im Auftrag des Bezirksamtes Lichtenberg dort, zwei erfahrene Schäfer der Agrarbörse kümmern sich um das Wohl der Tiere. Für die jährliche Schur bestellt der Verein extra noch einen professionellen Schafscherer.

Die Herde grast reihum auf allen Koppeln, im Winter wie im Sommer. Nur im Frühjahr, wenn die Lämmer kommen, bleiben die Mutterschafe im südlichen Parkbereich nahe der Tramhaltestelle des Krankenhauses. Dort gibt es einen stabilen Unterstand, der den Neugeborenen Schutz und Ruhe bietet.

Die Bildungs- und Besuchsangebote des Vereins Agrarbörse erstrecken sich über das ganze Jahr. Bei geführten Spaziergängen, bei Workshops und anderen Naturerlebnissen lernen vor allem kleine Berliner jede Menge Wissenswertes über das tierische und pflanzliche Leben – nicht nur im Landschaftspark Herzberge.

Alle Informationen dazu stehen online auf http://www.agrar-boerse-ev.de. Die Agrarbörse ist unter 536 08 50 erreichbar.

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

5 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 133× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 917× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 587× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.086× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.976× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.