Baumscheibenkrieg statt Bürgerbeteiligung
Bezirksgärtner entfernen ohne Ankündigung Baumbeete der Grünen Schleife

Nora Erdmann und Nachbar Claus Müller sind sauer, dass der Zaun abgerissen wurde und Hunde wieder in die Baumscheibe machen. | Foto: Dirk Jericho
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Die Bürgerinitiative Grüne Schleife im Wöhlertkiez kämpft um Verkehrsberuhigung, Fahrradfreundlichkeit und viel Grün im Wohngebiet gegenüber der neuen BND-Zentrale. Doch statt des versprochenen Dialogs mit den Anwohnern setzt das Bezirksamt auf Konfrontation.

Ihren Twitter-Account hat die für das Straßen- und Grünflächenamt (SGA) zuständige Stadträtin Sabine Weißler (Grüne) gelöscht. Sie hat wohl keine Lust auf Kritik in sozialen Netzwerken. Die vielen Tweets der Kiezinitiative Grüne Schleife, die im vergangenen Jahr gegen die vom Bezirk beschlossene und trotz anderslautenden BVV-Beschluss durchgesetzte Aufhebung der Einbahnstraßenregelung in der Schwartzkopff-, Pflug- und Wöhlertstraße protestierte, waren wohl zuviel Bürgerengagement.

Jetzt hat das SGA bei dieser aktiven Kiezinitiative ohne Vorankündigung die letzten zwei verbliebenen Baumscheibenbeete in der Schwartzkopffstraße 8/9 abgeräumt. Erst 2014 wurden ein Dutzend grüne Straßenbaumoasen plattgemacht, wie Grüne Schleife-Sprecherin Nora Erdmann sagt. Der jüngste Kahlschlag macht die Grünaktivisten wütend, weil Sabine Weißler noch im November bei einem Vor-Ort-Termin zum Einbahnstraßenknatsch eine AG Gestaltung eingerichtet hatte. Dort wollten sich Amt und Anwohner über mögliche Verbesserungen im Wöhlertkiez, wie Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung, Fahrradbügel, Bepflanzungen und eben auch Baumscheibenbeete austauschen. Dazu muss man wissen, im Bezirk Mitte gibt es öfter Stress mit dem SGA, wenn Anwohner Baumscheiben bepflanzen und kleine Zäune zum Schutz vor Hunden bauen. Einzäunungen sind in Mitte im Gegensatz zu etlichen anderen Bezirken grundsätzlich verboten. „Einen Schlag ins Gesicht“ nennt Nora Erdmann die jüngste Aktion.

"Abgestorbene Pflanzenteile"
seien entfernt worden

„Dem #Grauflächenamt waren unsere kleinen Gärten wohl zu hübsch und zu insektenfreundlich. Deshalb mussten sie heute ohne Vorwarnung entfernt werden, grüne Gefahr im Verzug!“, twitterte Erdmann noch aus dem sonnigen Urlaub. Gerade zurück steht sie vor den gefledderten Löchern, ein Zaun wurde abgerissen, Pfeiler zum Teil einfach stehengelassen. Kinder hatten die Beete mit Astern, Sonnenblumen, Stauden, Kräutern oder Himbeeren im Dürresommer mit Wasser aus der gegenüberliegenden Straßenpumpe gegossen. „Das haben wir also Frau Weißler und grüner Stadtpolitik zu verdanken. Je mehr wir uns um Begrünung bemühen, desto grauer wird es bei uns“, ärgert sich Nora Erdmann. Die Stadträtin lässt auf Anfrage der Berliner Woche dazu nach zwei Tagen mitteilen: „Das Grünflächenamt hat an den Baumscheiben im Wöhlertkiez Wildwuchs und witterungsbedingt abgestorbene Pflanzenteile beseitigt. Auch eine defekte Absperrung wurde entfernt. Es handelt sich um regelmäßige Pflegearbeiten, damit die BSR dort säubern kann.“ Den gleichen Satz hatte das Social-Media-Team vom Bezirksamt bereits einen Tag zuvor unter den Grüne Schleife-Tweet gepostet – mit Link auf die Baumscheiben-Seite des Grünflächenamtes im Internet. Auf Fragen, warum die Anwohner nicht informiert wurden, antwortet Weißler nicht. Für Nora Erdmann ist das „Ämterhandeln nicht nur regelrecht gemein, sondern auch komplett unnötig! Da lebten Insekten und Vögel drin“, sagt sie. Die AG Grüne Gestaltung sei wohl nichts anderes als eine Alibiveranstaltung. „Ich werde in der #bvvmitte Frau Weißler fragen, was sie unter einer grünen Stadt mit Bürgerbeteiligung versteht“, twitterte Fabian Koleckar von den Linken.

Nora Erdmann und Nachbar Claus Müller sind sauer, dass der Zaun abgerissen wurde und Hunde wieder in die Baumscheibe machen. | Foto: Dirk Jericho
So grün waren die Baumscheibenbeete noch im Sommer. Viele Kinder gossen die Pflanzen regelmäßig. | Foto: Nora Erdmann
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Dirk Jericho aus Mitte

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