Anwohnerinitiative wehrt sich
Über 200 Jahre alte Eiche soll fallen
Eine Anwohnerinitiative setzt sich seit über einem Jahr für den Erhalt einer rund 220 alten Stieleiche ein. Der Baum steht im Innenhof der Dresdener Straße 113. Dort will ein Hamburger Investor ein viergeschossiges Wohnhaus mit zehn Wohnungen und einer Tiefgarage mit sechs Stellplätzen errichten. Der Widerspruch der Initiative gegen die Baugenehmigung war erfolglos, sie wurde vom Bezirksamt erteilt – inklusive Baumfällgenehmigung.
Die Eiche und vier weitere Bäume sollen für die Zufahrt zur Garage weichen. „Wie kann es sein, dass 2022, inmitten der dramatischen weltweiten klimatischen Entwicklungen, eine CO2 bindende und schattenspendende kerngesunde Eiche gefällt werden soll?“, fragt Julian Rosefeldt. Der Filmregisseur gehört zur Initiative und erklärt, eine leichte Verschiebung des Neubaus mit darunterliegender Garage würde das Überleben des Baumes ermöglichen, die Fällung sei also nicht notwendig. Rosefeldt und seine Mitstreiter haben jetzt Fragen an die Bezirksverordnetenversammlung geschickt. So wollen sie wissen, warum die 50 Meter lange Zufahrt zur Garage über vier Nachbargrundstücke genehmigt worden sei, obwohl das Amt 2015 den Antrag auf eine andere, nur zwölf Meter lange Zufahrt – sogar ohne Befahrung der Nachbargrundstücke – abgelehnt hätte. Weiterer Kritikpunkt: In der Bezirksverordnetenversammlung Anfang des Jahres seien Vertreter des Bauherren gehört worden, aber keine Stimme aus der Nachbarschaft der Dresdener Straße.
Kompromiss finden?
„Wir sind nicht gegen den Neubau an sich, unterstützen den Wunsch zur Schaffung innerstädtischen Wohnraums“, so Julian Rosefeldt weiter. Man verstehe aber nicht, warum kein ökologisch und klimapolitisch sinnvoller Kompromiss gefunden werden könne. Nach wie vor steht ein Vor-Ort-Termin mit Almut Neumann (Bündnis 90/Grüne), als Stadträtin zuständig für Grünflächen und Umwelt, auf der Wunschliste der Initiative.
Einem Briefwechsel mit Neumann zum Thema ist zu entnehmen, durch die Einwände aus der Nachbarschaft gegen die Baumfällung sei der Sachverhalt nicht nur im Bezirksamt diskutiert, sondern auch im Stadtentwicklungsausschuss vorgestellt worden. „Weitere Einflussmöglichkeiten bestehen für den Geschäftsbereich von Frau Dr. Neumann nicht“, heißt es weiter. Die Fällgenehmigung sei Bestandteil der Baugenehmigung und das Umwelt- und Naturschutzamt könne diese nicht verwehren.
Unterstützung für die Baumrettung kommt von einer anderen Seite. Max Landero (SPD), Mitglied des Abgeordnetenhauses, setzt sich ebenfalls für den Erhalt der Eiche ein. „Der Bezirk hat vor zwei Jahren den Klimanotstand ausgerufen, jetzt geht es darum, ob den Worten auch Taten folgen oder hier maximale Kapitalinteressen den Vorzug erhalten“, so der Politiker.
Es bestehe keine Notwendigkeit für den Bau der Garage, in der Umgebung gebe es keinen Parkraumdruck, zudem seien noch freie Plätze in nahen Tiefgaragen zu mieten. „Eine Pflicht von Kfz-Stellplätzen ergibt sich jedenfalls nicht aus der Berliner Baugenehmigung“, erklärt Landero. Er appelliert an das Bezirksamt, Verantwortung zu übernehmen und diesen für das Wohngebiet identitätsstiftenden Baum zu retten.
Dass sich nicht nur die direkte Nachbarschaft gegen die Fällung der Eiche wehrt, zeigt eine Online-Petition unter dem Namen des Staatssekretärs Tidow Walze (Bündnis 90/Grüne) von der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz. Unter https://www.change.org/p/staatssekretär-tidow-walze-200-jahre-alten-baum-vor-fällung-schützen haben bereits 2700 Menschen unterschrieben.
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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