Auskurieren im Quarantäne-Hotel
Senat finanziert wieder Isolationsmöglichkeit für Obdachlose

Der Senat hat das leer stehende NH-Hotel in der Bundesallee 36/37 als Quarantäneunterkunft für Obdachlose angemietet. Infizierte sollen sich dort auskurieren.

In Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein müssen Corona-Positive nicht mehr in häusliche Quarantäne. In Berlin ist die Selbstisolation nach Corona-Verordnung Pflicht. Bei Verstoß drohen vierstellige Strafen. Obdachlose jedoch können nicht in häusliche Quarantäne, weil sie kein Zuhause haben. Und in die Nachtunterkünfte kommen sie abends nicht rein, wenn sie positiv getestet werden.

„Wir mussten die Leute in den letzten Monaten wegschicken“, sagt Barbara Breuer von der Stadtmission. „Buschquarantäne“ haben die Sozialarbeiter das genannt, wenn infizierten Obdachlosen nur Brücken und Parks zum Schlafen blieben. „Wir sind froh, dass der Senat wieder eine Quarantäneunterkunft für Obdachlose finanziert“, so die Sprecherin der Stadtmission. Die Stadtmission hatte bis April die größte Quarantäneunterkunft mit 100 Plätzen in Betrieb, wo Corona-Infizierte bleiben durften. Seit dem Auslaufen der Senatsfinanzierung gab es keine Quarantäne- und Übernachtungsmöglichkeit mehr für sie.

In der jetzt im leer stehenden NH-Hotel eingerichteten Quarantäneunterkunft gibt es 75 Plätze. Der Senat lässt sich die Unterbringung 1,7 Millionen Euro bis Ende April kosten – unabhängig von der tatsächlichen Belegung. Bis Redaktionsschluss waren 36 Personen dort untergebracht.

Medizinisch und sozial betreut

Die Kranken werden medizinisch versorgt und sozial betreut. „Obdachlose Menschen sind aufgrund ihrer Lebensumstände als besonders vulnerable Personen zu betrachten, was eine zusätzliche Fürsorge erforderlich macht“, sagt Ina-Luisa Burghardt von der Pressestelle der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. Die Kranken sind freiwillig im Quarantänehotel und können nicht daran gehindert werden, die Isolation zu verlassen. „Für die Einhaltung der Absonderung sind die infizierten Personen selbst verantwortlich“, sagt Burghardt. Um möglichst zu verhindern, dass die infizierten Gäste draußen herumlaufen und andere anstecken, setzen die vom Senat beauftragten Betreuer auf „Aufklärung, Beratung und die Sicherstellung der Begleitbedarfe der obdachlosen Personen“.

Mit „Begleitbedarfen“ meint Burghardt, dass „in der Zeit der Isolation obdachlose Menschen unter Berücksichtigung möglicher Suchterkrankungen untergebracht und versorgt werden“. Das heißt, Alkohol oder Zigaretten werden den Menschen gebracht. „Dann müssen sie nicht raus zum Flaschensammeln, um sich Stoff zu besorgen. Bei uns hatte das gut geklappt und die meisten sind in der Quarantäne geblieben, wenn sie bekommen, was sie brauchen“, sagt Barbara Breuer. Ina-Luisa Burghardt betont, dass in der Quarantänestation „keine medizinische Behandlung von Suchtkrankheiten stattfindet, also auch kein Entzug“. Ein plötzlicher Stopp bei Alkoholabhängigen wäre ein kalter Entzug, der ohne ärztliche Aufsicht tödlich enden kann, warnt auch Barbara Breuer.

Der CDU-Gesundheitsexperte Christian Zander findet es gut, dass Infizierte jetzt im Winter nicht mehr abgewiesen werden und draußen bleiben müssen. „Dass sie die Quarantäneunterkunft aber jederzeit verlassen können, macht aus Corona-Schutzgründen wenig Sinn“, so Zander.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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