Kiezblocks, Pflanzkübel und Spielplätze
Senat fördert in den kommenden drei Jahren zehn bezirkliche Modellprojekte für Fußgänger
Drei Tage vor den Wahlen hat die Senatsverkehrsverwaltung zehn Modellprojekte in zehn Bezirken ausgewählt, die Straßen und Kieze für Fußgänger sicherer und komfortabel machen sollen.
Autos raus aus den Kiezen, mehr Platz zum Spielen, Fahrradfahren und Sitzen: Mit dem vor drei Jahren in Kraft getretenen Mobilitätsgesetz will der rot-rot-grüne Senat dem Öffentlichen Personennahverkehr, Radfahrern und Fußgängern Vorrang geben. Im Februar wurde das Gesetz um den Abschnitt Fußverkehr erweitert, um die „Mobilitätswende“ voranzutreiben. Der eigens beschlossene Abschnitt zum Fußverkehr ist laut Senatsverkehrsverwaltung einmalig in Deutschland. Die meisten Wege legen die Menschen zu Fuß zurück, deshalb soll die Stadt fußgängerfreundlicher werden, so das Ziel. Bessere Gehwege, längere Ampelschaltungen und komfortable Querungen gehören dazu.
Mit insgesamt 24 Millionen Euro fördert der Senat zehn Modellprojekte. Die Bezirke konnten Vorschläge unterbreiten, die in den kommenden drei Jahren als Pilot umgesetzt werden sollen. Laut Mobilitätsgesetz soll in jedem Bezirk ein Modellprojekt gefördert werden. Doch Spandau und Reinickendorf sind vorerst nicht dabei. „Die Bezirke haben bisher keine Projekte vorgeschlagen, die den vereinbarten Kriterien entsprechen“, sagt Jan Thomsen, Sprecher von Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne). Eingereichte Standardmaßnahmen seien kein Modellprojekt. Die Senatsverwaltung ist verärgert über die zwei Bezirke, die nichts geliefert haben. „Das ist im Vergleich mit den anderen Bezirksvorhaben deutlich unterambitioniert“, formuliert Thomsen. Spandau und Reinickendorf sollen sich nochmal ransetzen und modellhafte Vorhaben mit Übertragbarkeit auf andere Straßen erarbeiten.
Ein Vorhaben in Prenzlauer Berg, das das Kriterium „signifikante Qualitätsverbesserung im öffentlichen Raum“ erfüllt, soll die Hagenauerstraße werden. Die kurze Anliegerstraße mit Kopfsteinpflaster ist die einzige im Kollwitzkiez ohne Bäume und soll fußgängerfreundlich umgebaut werden. 2020 haben Anwohner die Initiative „Klimastraße Hagenauer“ ins Leben gerufen, um „die unwirtliche Straße zu begrünen und zu verschönern“, wie es heißt. Die Ideen mit sogenannten Bloomlets – also großen Pflanzgefäßen für Bäume – auf ehemaligen Parkplätzen, Trinkbrunnen oder begrünten Hausfassaden sind Grundlage für das Modellprojekt, das unter dem Motto „Park statt Parkplätze“ steht. Die 100 Parkplätze sollen weg und Platz für Spielflächen, Sitzecken, Fahrradstellplätzen und Ladestationen für E-Autos schaffen. In einem „ersten Schritt werden vier klimaangepasste Bäume in Pflanzkübeln mit integrierter Sitzgelegenheit und Wasserspeicherung auf entwidmeten Parkplätzen aufgestellt“, heißt es dazu auf der Projektseite des Senats.
In Charlottenburg-Wilmersdorf soll die Grolmannstraße am Savignyplatz eine „autofreie Ausgehmeile“ werden. Die Bürgersteige werden verbreitert und die Wirte können mehr Tische rausstellen. In Marzahn-Hellersdorf gibt es kein konkretes Einzelprojekt. Dort sollen in den Einfamilienhaussiedlungen Biesenhorst und Mahlsdorf 20 Kilometer neue Gehwege gebaut werden. In den dörflichen Siedlungen gibt es viele Straßen, die gar keine Gehwege haben.
Weitere Pilotprojekte sind die Umwandlung der Bergmannstraße und des Bergmannkiezes mit Autoverbot in Kreuzberg, barrierefreie Kreuzungen und breitere Gehwege in Lichtenberg, Kiezblocks im Flottwellkiez westlich des Gleisdreieck-Parks in Tiergarten (gemeinsam mit dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg), die Umwandlung der Elbestraße in eine Fußgänger- und Radfahrerstraße in Neukölln, die Umgestaltung des Hermann-Ehlers-Platzes in Steglitz mit mehr Platz für Feste und Märkte, Toiletten, Marktbüro, Kiosk und Fahrradverleih, die Neugestaltung des Barbarossaplatzes in Schöneberg und die fußgängerfreundliche Umgestaltung der Bölschestraße in Friedrichshagen.
Weitere Informationen zu den Projekten gibt es unter www.berlin.de/sen/uvk/verkehr/verkehrsplanung/fussverkehr/fussverkehrsprojekte/modellprojekte/.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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